ZA-Briefing - Der zahnärztliche Heil- und Kostenplan

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Inhalt

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,
in der Regel erfolgt die Therapie eines behandlungsbedürftigen Befundes nicht mit der Erbringung einer einzelnen Leistung, sondern es sind hierzu mehrere zahnärztliche Leistungen erforderlich. Diese entstammen oft unterschiedlichen Abschnitten der GOZ und müssen bisweilen auch in einer bestimmten zeitlichen Abfolge erbracht werden.

Eine zahnärztliche Heilbehandlung will also geplant sein. Wird diese zahnmedizinische Planung mit der Auflistung der hierdurch voraussichtlich entstehenden zahnärztlichen Vergütungen verknüpft und diese Aufstellung schriftlich dokumentiert, so berechtigt diese Leistung zur Berechnung der Geb.- Nr. 0030 GOZ oder, sofern Gegenstand der Planung eine kieferorthopädische Behandlung oder auch funktionsanalytische/-therapeutische Leistungen sind, zum Ansatz der Geb.-Nr. 0040 GOZ.

Die Erstellung eines Heil- und Kostenplanes zählt bereits zur Heilbehandlung (OLG Karlsruhe Az.: 12 U 153/12 vom 7. Mai 2013). Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) in Paragraf 1 Versicherungsschutz für „Heilbehandlungen“
vorsieht.

Mehrfachberechnung der Geb.-Nrn. 0030 und 0040 GOZ

Gemäß der nachgelagerten Abrechnungsbestimmung sind die Geb.- Nrn. 0030 und 0040 GOZ nicht nebeneinander berechnungsfähig. Der Amtlichen Begründung zur GOZ-Novellierung ist zu entnehmen, dass damit die Aufteilung von zum Beispiel funktionsanalytischen Leistungen einerseits und prothetischen Leistungen andererseits auf zwei Heil- und Kostenpläne im gleichen Behandlungsfall verhindert werden soll. Der Begriff des „gleichen Behandlungsfalls“ irritiert in diesem Zusammenhang, gemeint ist damit vermutlich ein einem bestimmten Ausgangsbefund zugeordnetes Behandlungsprotokoll.

Bestehen aber nach der Befunderhebung zwei sich deutlich unterscheidende Behandlungsalternativen, die auf einer unterschiedlichen Bewertung der erhobenen
Befunde beruhen und sich auch kostenmäßig unterscheidende therapeutische Maßnahmen zur Folge haben, so liegt eine Nebeneinanderberechnung im Sinne der vorgenannten Abrechnungsbestimmung nicht vor, wenn hierüber zum Beispiel ein prothetischer Heil- und Kostenplan mit und einer ohne kieferorthopädische Maßnahmen erstellt und berechnet wird. Hinsichtlich dieser gleichzeitig möglichen Mehrfachberechnungder Geb.-Nr. 0030 GOZ oder der Geb.-Nr. 0040 GOZ weist die GOZ ohnehin keine Ausschlussbestimmung auf.

Diese Auslegung berücksichtigt die Pflicht des Zahnarztes zur therapeutischen Aufklärung im „Patientenrechtegesetz“: „Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären.“ (Paragraf 630e Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Um dem Patienten eine sachgerechte, an seinen Bedürfnissen orientierte Entscheidung zu ermöglichen und eine wirksame Einwilligungin den Behandlungsvertrag zu gewährleisten, kann im Rahmen der therapeutischen Aufklärung nämlich auch die Darstellung von Behandlungsalternativen mit unterschiedlichen Therapiekonzepten und/oder Langzeitprognosen, aber auch sich deutlich unterscheidenden Kosten notwendigsein. Erfordern erst im Verlauf der Behandlung gewonnene Erkenntnisse eine wesentliche Änderung der ursprünglichen Planung, so sind für neue Heil- und Kostenpläne die entsprechenden Gebührennummern ebenfalls erneut berechnungsfähig.

Heil- und Kostenplan auch ohne Anforderung

Die Berechnung dieser Leistungen setzt zunächst weder die Anforderung durch den Zahlungspflichtigen voraus, noch muss diesem der erstellte Heil- und Kostenplan ausgehändigt werden. Letzteres sollte dem zur Zahlung Verpflichteten dennoch angeboten werden.Vergütet wird Ihre gedankliche und intellektuelle Leistung bei der Ausarbeitung der Behandlungsplanung unter Einbeziehung der damit verbundenen Kosten. Soweit die Bestimmungen der GOZ.

Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung

Aber da gibt es auch noch den Paragraf 630c Abs. 3 BGB (Auszug): „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür ausreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.“
Vor Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes war die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung, also die Information des Patienten über für ihn entstehende Kosten, nur eine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag. Eine unvollständige oder nicht erfolgte Aufklärung stellte lediglich eine sogenannte positive Vertragsverletzung dar, das heißt, ein Verstoß in dieser Hinsicht hatte für den Zahnarzt nicht so gravierende Folgen. Vereinfacht gesagt, tendierte die Rechtsprechung häufig dahin, dass der Patient oder Zahlungspflichtige an anderer Stelle, also bei einer Kollegin oder einem Kollegen, für die erhaltene Leistung
ebenfalls hätte bezahlen müssen und ihm daher kein finanzieller Nachteil entstanden sei.

Mit dem Patientenrechtegesetz wurde aus dieser Nebenpflicht jedoch eine Hauptpflicht des Behandlungsvertrags mit gravierenden Folgen. Das möchte ich Ihnen an eine Zahnarzt besprach mit einer Patientin eine implantatgestützte Versorgung. Über die implantologischen Leistungen erhielt die Patientin einen schriftlichen Heilund Kostenplan, dieser enthielt jedoch weder die detaillierten Kosten für die prothetische Suprakonstruktion noch einen pauschalen Hinweis auf diese zusätzlich entstehenden Kosten. Nach erfolgreicher Implantation begehrte der Zahnarzt die Vergütung für die sieben von ihm inserierten Implantate in Höhe von etwa 8.500 Euro. Die Patientin weigerte sich jedoch, diese Rechnung zu begleichen. Sie begründete dies damit, dass, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass für die prothetische Versorgung noch zusätzliche Kosten entstehen, sie sich nicht für diese Versorgungsform entschieden hätte.

Ob eine mündliche Aufklärung über diese Kosten erfolgte, blieb im Verfahren strittig. Im Ergebnis entschied das LandgerichtOsnabrück (Az.: 2 O 1947/
15
vom 31. August 2016) unter Hinweis auf Paragraf 630c Abs. 3 BGB wie folgt: Die Vergütung für die gesetzten Implantate steht dem Zahnarzt zwar zu, aber erst dann, wenn er die prothetische Versorgung – und zwar kostenfrei für die Patientin – durchgeführt hat. Dieses Urteil lässt erkennen, wozu eine gegebenenfalls nicht ausreichende wirtschaftliche Aufklärung und der Verzicht auf die Textform, also die Niederlegung in einem Schriftstück und dessen Aushändigung an den Zahlungspflichtigen, nach Maßgabe des Patientenrechtegesetzes führen kann.

Im Zusammenhang mit einem zahnärztlichen Heil- und Kostenplan können Sie sich an einer Checkliste orientieren, die hilft, überflüssige Fehler zu vermeiden.
Deshalb an dieser Stelle die …

Top Ten des Heil- und Kostenplanes

1. Hinweis auf Erstattungsabklärung

Generell sollten Sie dem Zahlungspflichtigen vor kostenintensiven Behandlungen einen Heil- und Kostenplan aushändigen, verbunden mit dem Hinweis, sich vor Beginn der Behandlung Klarheit über seine Erstattungsansprüche gegenüber der Versicherung/Beihilfe zu verschaffen. Dieser Hinweis kann direkt auf dem Heil- und Kostenplan oder in einer auch sonst üblichen Anlage zum Heilund Kostenplan erfolgen. Alternativ scheint das auch in mündlicher Form möglich zu sein, soll-te dann aber zwingend in der Patientenkarteidokumentiert werden. Der Zahlungspflichtige trägt zwar die Verantwortung dafür, seine möglichen Erstattungsansprüche zu ermitteln, ohne Ihre zahnärztliche Unterstützung ist er hierzu jedoch nicht in der Lage.

2. Gesamtkosten

Planen Sie zum Beispiel sowohl implantologische als auch prothetische Leistungen, müssen die voraussichtlichen Gesamtkosten aufgezeigt werden. Das vorstehende Beispiel belegt die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme. Sollen oder können zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Planes die prothetischen
Leistungen noch nicht detailliert vorhergesagt werden, so sollte dennoch eine diesbezügliche Information in den Plan für den Zahlungspflichtigen aufgenommen werden, gegebenenfalls in Form einer großzügigen pauschalen Kostenschätzung. Auch wenn die prothetische Versorgung in einer anderen Praxis erfolgt, nehmen Sie in Ihren Heilund Kostenplan trotzdem einen Hinweis auf die zusätzlichen Kosten für die Suprakonstruktion auf, verbunden mit der Empfehlung, diese Kosten im Vorfeld abzuklären. Dieses Vorgehen empfiehlt sich ebenfalls bei der „Arbeitsteilung“ zwischen unterschiedlichen Praxen bei anderem Leistungsgeschehen.

3. Alternativen

Zahnmedizinisch sinnvolle und vertretbare, sich auch gegebenenfalls kostenmäßig unterscheidende Alternativen müssen dem Zahlungspflichtigen ohnehin aufgezeigt werden. Das bedeutet nicht in jedem Fall, dass Sie zwei Pläne erstellen müssen, aber Sie sollten die Aufklärung zwingend und nachvollziehbar dokumentieren.

4. Zusammenfassende Übersicht

Entsteht durch unterschiedliche, umfangreiche Maßnahmen im Vorfeld ein unübersichtliches Konvolut von Plänen und Vereinbarungen, so sollten die einzelnen
Kostenvorhersagen in einem die Kosten der gesamten Behandlung umfassenden Schriftstück zusammengestellt werden. Im Interesse der erforderlichen Kostentransparenz muss der Patient einen für einen Laien verständlichen und vollständigen Überblick über die zu erwartenden Kosten erhalten.

5. Keine Aussagen zur Kostenerstattung

Zusagen über eine möglicherweise vollständige Kostenerstattung durch Kostenerstatter sind in jedem Fall zu vermeiden. Sie sind weder Versicherungsvertreter noch Beihilfesachbearbeiterin. Sollten derartige Zusagen nicht zutreffen, entsteht Ihnen gegebenenfalls eine Pflicht zum Ersatz des entstandenen Schadens.

6. Begleitleistungen

Die Kosten für zum Beispiel konservierende/chirurgische Begleitleistungen bei einer prothetischen Versorgung sollten Sie entweder in Form eines Pauschalbetrags oder als dezidierte Aufstellung in den Heil- und Kostenplan aufnehmen. Ohne derartige Angaben besteht zumindest die Gefahr, dass im Nachhinein eine unangemessene Kostensteigerung gegenüber der zuvor erteilten Kostenvorhersage behauptet wird.

7. Steigerungssatz

Sind Ihnen vor der Behandlung bereits Sachverhalte bekannt, die einen höheren als den 2,3-fachen Steigerungssatz bewirken werden, müssen diese bereits im Heil- und Kostenplan Berücksichtigung finden. Wenn Ihnen bekannt ist, dass der Patient bei der Behandlung alle zehn Sekunden spülen und sich den Mund abtupfen will, oder jeder Handgriff und jedes Medizinprodukt nach Art eines zahnärztlichen Kompendiums erklärt werden muss, sollte das bereits im Heil- und Kostenplan Niederschlag gefunden haben. In dem Heil- und Kostenplan besteht jedoch keine Pflicht zur Begründung erhöhter Steigerungssätze.

8. Zahntechnische Leistungen

Unabhängig davon, ob die Kosten für zahntechnische Leistungen anhand eines detaillierten Kostenvoranschlages oder in Form eines Pauschalbetrags in den Plan aufgenommen werden, sollte der hierfür angesetzte Betrag großzügig bemessen werden. Sofern die voraussichtlichen Kosten für zahntechnische Leistungen einen Betrag von 1.000 Euro übersteigen, ist dem Zahlungspflichtigen gemäß Paragraf 9 GOZ ohnehin ein Kostenvoranschlag über die zahntechnischen Leistungen anzubieten und auf dessen Verlangen in Textform vorzulegen. Bei Behandlungen über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten gilt diese Pflicht nur, wenn innerhalb von sechs Monaten voraussichtlich Kosten von mehr als 1.000 Euro entstehen. Sobald für Sie während der Behandlung ersichtlich wird, dass die tatsächlich zu erwartenden zahntechnischen Kosten die vorhergesagten um mehr als 15 Prozent übersteigen, ist der zur Zahlung Verpflichtete über diesen Umstand in Textform zu informieren.

9. Zahnärztliche Verbrauchsmaterialien

Gesondert berechnungsfähige zahnärztliche Verbrauchsmaterialien sollten in die Kostenschätzung einbezogen werden.

10. Implantatteile und Augmentationsmaterial

Ein Heil- und Kostenplan für eine implantatchirurgische Versorgung muss selbstverständlich auch die Kosten für die berechnungsfähigen Implantatteile und die dem Knochenersatz/-aufbau dienenden Medizinprodukte umfassen sowie die gemäß GOZ und GOÄ berechnungsfähigen Auslagen.

Wenn Sie diese zehn Aspekte in die Erstellung von Heil- und Kostenplänen einfließen lassen, ist der Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung in diesem Zusammenhang Genüge getan. Bei allen Posten empfiehlt sich eine gewisse Großzügigkeit. Mir ist kein Fall bekannt, in dem sich ein Patient über tatsächlich niedrigere als die vorhergesagten Kosten beschwert hätte. Sollte sich im Lauf der Behandlung eine deutliche Kostenausweitung abzeichnen, so ist der Zahlungspflichtige hierüber zu informieren.

Haben Sie Anregungen oder Themenwünsche? Schreiben Siemir an: presse@die-za.de
Dr. med. dent.
Michael Striebe,
GOZ-Berater der ZA