DZW-Artikel – Missverstandene Rechnungsvorschriften des § 10 Abs. 2 Punkte 1.- 6. GOZ

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Inhalt

Der Paragraf 10 Abs. 2 der GOZ beginnt mit der Forderung: „Die Rechnung muss insbesondere enthalten: …“ Dann folgen 6 Unterpunkte mit den Themen 1. bis 6. Diese enthalten die Vorschriften für die Pflichtangaben auf der Rechnung zu diesen Unterpunkten. Die blieben unverändert bei Einfügung des veränderten Absatzes § 10 (1) für die neue Anlage Nr. 2 zur GOZ am 01.07.2012.

Die Themen der 6 Unterpunkte sind

  1. Das Datum der Erbringung der Leistung
  2. Berechnung von Gebühren für zahnärztliche Leistungen
  3. Berechnung von Gebühren für stationären Leistungen
  4. Berechnung von Wegegeld oder Reiseentschädigung bei Besuchen
  5. Berechnung von Auslagenersatz für zahntechnische Leistungen
  6. Berechnung von Auslagenersatz für besonders berechnungsfähige Materialien


Die vier ggf. aufaddierten Beträge unter den Nummern 3.-6. sind in der Anlage 2 (verpflichtende Gestaltungsvorlage für Rechnungen) im Rechnungsfuß aufgeführt, im Anschluss an die „Zwischensumme Honorar: xx.xxx,xx“ (EUR).

Es folgt dann in der Rechnungsvorlage „Anlage 2“ mit Tagangabe im Format tt.mm.jj (z.B. 30.04.21) und Angabe einer Nummer (xxxxx) - wohl eine praxisinterne Dokumentationsnummer (MDR) oder aus einem Warenwirtschaftsprogramm - unter „Leistungsbeschreibung/Auslagen“ der erläuternde Text „Material-Beschreibung … mit Mengenangabe etc. – Dazu ist die Anzahl der verbrauchten Materialeinheiten (Menge) und der Preis dafür anzugeben.

Die Beschreibung dieser Materialberechnung auf „Anlage 2“ bleibt unbestimmt bzw. rätselhaft. In den wenigen Fällen, in denen diese Materialberechnung benutzt und im Einzelnen mit Verbrauchsdatum ausgewiesen wird, handelt es sich meist um Materialien, die aus anderen Gründen Behandlung begleitend benötigt wurden (Speicheltest-Set, konfektionierte Mundvorhofplatte, Digitalisierung, ggf. maßstabgerechtes Arbeitsfoto etc.).

Substantielle Einwände von Kostenerstattern aus rechnungsformalen Gründen sind an diesem Punkt oder in diesem Zusammenhang bisher nicht bekannt geworden.

Eine Deutung, dort an dieser Stelle der Rechnungslegung seien alle Auslagenberechnungen einzeln aufzuführen, die gemäß § 4 (3) GOZ nicht bestimmten Gebühren zugeordnet sind, erscheint nicht inplausibel. Das beträfe z.B. Abformmaterial, im Prinzip neben vielen Leistung nach GOZ nötig.

Das beträfe aus anderen Gründen z.B. MTA-Material oder Oraqix (beide gem. GOZ-Beratungsforum). 

Es folgt in der Rechnungsvorlage „Anlage 2“ eine zeilenweise Darlegung von Kostenblöcken mit Inhaltsangabe und addiertem Endpreis für die gesamte Zeile. Unglücklicherweise wird die Reihenfolge der Themen bei der Kosten-Sammelaufstellung nicht - wie in § 10 Abs. 2 Punkte 1.-6. GOZ beschrieben (s. oben) - ins Rechnungsformular übernommen, eher auf den Kopf gestellt:  

Die Kostenblöcke der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 GOZ
Die Rechnungsvorlage (Anlage 2) gibt folgende Punkte – z.T. neu in anderer Reihenfolge an und verlangt jeweils am Ende der Zeile nach dem Gesamtpreis für diese Kosten:

„Ggf. Kosten für Auslagen nach § 3, § 4 und § 10 GOÄ“:                              xx.xxx,xx

„Ggf. Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Praxislaborbeleg“:                              xx.xxx,xx

„Ggf. Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Fremlaborrechnung“:                         xx.xxx,xx

„Ggf. Entschädigungen nach § 8 GOZ für Wegegeld/Reiseentschädigung“: xx.xxx,xx

„Ggf. abzüglich Minderungsbetrag für stationäre Behandlung:                      xx.xxx,xx

„Ggf. abzüglich Vorleistungen anderer Kostenträger                                      xx.xxx,xx

Dieser Art der obigen Zusammenstellung von Kostenblöcken, wie von Anlage 2 der GOZ gefordert, bleibt oft auf Rechnungen unbeachtet, ohne dass es zu Reklamationen von Formalverstößen seitens der Rechnungsempfänger oder Kostenerstatter gekommen wäre.

Unter „Rechnungsbetrag“ wird sodann die Addition aus „Zwischensumme Honorar“, aus der unbestimmten „Material-Beschreibung mit Mengenangaben“ und aus den obigen „Kostenblöcken“ ausgewiesen.

Es handelt sich allerdings um eine ggf. irreführende Bezeichnung, denn die Addition für diesen „Rechnungsbetrag“ sieht auch den eventuellen Einbezug von zwei Minusbetrag-Blöcken vor, nämlich „Ggf. abzüglich Minderungsbetrag für stationäre Behandlung: …“                      

„Ggf. abzüglich Vorleistungen anderer Kostenträger“ (z.B. bei Mehrkosten n. § 28 (2) SGB V) 

Auf diese Minderungsbeträge wird noch näher einzugehen sein.

Spannend ist die formale Darstellung auf Anlage 2 zu § 10 GOZ, dass nach Abzug bzw. Hinzukommen der Minderungsbeträge u.U. noch immer nicht der tatsächliche „Rechnungsbetrag“ dargelegt ist: Vorgeschaltet wird noch ein dritter Abzugsposten, nämlich

„Ggf. abzgl. Vorauszahlung: xx.xxx,xx €“ ( in formal möglicher Höhe von 99.999,99 €) .

Dagegen kommt jetzt auch in der Zahnmedizin der rechtliche Grundsatz immer mehr zur Geltung, dass Vorauszahlungen zu fordern unzulässig sei. Es können nur Zahlungen verlangt werden für erbrachte Leistungen und angefallene leistungsbezogene Kosten, je nach tatsächlichem Stand der Behandlung und/oder Versorgung.  

§ 3 GOZ (Zitat)

„Als Vergütungen stehen dem Zahnarzt Gebühren, Entschädigungen und Ersatz von Auslagen zu.“

Die drei Vergütungsarten,

„Gebühren“ (§§ 4-7 GOZ),

„Entschädigungen“ (§ 8 GOZ) und

„Ersatz von Auslagen“ (§ 4 Abs. 3 GOZ, § 9 GOZ, § 10 GOÄ)

 haben ein sehr unterschiedliches Gewicht - vom Volumen her, nicht unbedingt einhergehend damit ist deren Anteil am Praxisertrag.

Oft den größten Rechnungsanteil (je nach Versorgungsart) stellt der sogenannte „Ersatz von Auslagen“ nach § 9 GOZ dar (Berechnung von Material- und Laborkosten). Gemäß der Anlage 2 zur GOZ wird bei den zusammengefassten Kostenblöcken dabei im Rechnungsausweis unterschieden in „Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Praxislaborbeleg“                            

„Auslagen nach § 9 GOZ gemäß Fremdlaborrechnung“

In § 10 Abs. 2 Punkt 5. GOZ ist bestimmt, dass die Rechnung bei Ersatz von Auslagen nach § 9 (also Praxis- und Fremdlabor getrennt) Art und Umfang und Ausführung der einzelnen Leistungen und deren Preise sowie die direkt zurechenbaren Materialien und deren Preise, insbesondere Bezeichnung, Gewicht und Tagespreis der verwendeten Legierungen enthalten muss. Diese Forderung zur Rechnungslegung wird meist erfüllt bei Verwendung einer einschlägigen Material- und Laborkostenpreisliste. Es gibt andererseits im privatrechtlichen Behandlungsvertrag keine verbindlichen Material- und Laborkostenverzeichnisse: Es gibt allerdings mit Förderung durch den VDZI (Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen) eine Bundeseinheitliche Benennungsliste (BEB) für das aktuelle zahntechnische Leistungsspektrums. Zu den einzelnen Leistungen gibt es in diesem und in ähnlichen Verzeichnissen die Angabe von Planzeiten (Kalkulationszeiten/ Vergleichszeiten).

Ra Joachim K. Mann in ALEX:
„Zahntechnische Leistungen sind alle erbrachten handwerklichen Leistungen einschließlich der hierfür verwendeten Materialien.“
„Auf den Erbringer der Leistung (Zahnarzt, Praxispersonal oder gewerbliches Labor) kommt es für den Auslagenersatz nicht an.“ Nur die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen Kosten sind ersatzfähig. Der Nachweis ist durch Vorlage eines Eigenbelegs oder der Rechnung des beauftragten Dentallabors im Rahmen der Abrechnung zu führen.“
(https://wiki.alex-za.de/w/index.php/Geb%C3%BChrenordnung_f%C3%BCr_Zahn%C3%A4rzte)

Bezeichnung, Gewicht und Tagespreis der verwendeten Legierungen

Diese Pflichtdarlegungen auf Material- und Laborkostenrechnungen zur Forderung von Auslagenersatz nach § 9 GOZ verlangt der § 10 Abs. 2 Punkt 5.    

„Gewicht und Tagespreis der verwendeten Legierungen“ bezieht sich auf wertvolle Metalle in Dentallegierungen z.B. zur Herstellung von Einlagefüllungen, Kronen, Brücken, ggf. Prothesenbasen. Die sind gesondert auszuweisen. Zusätzlich zum Produktnamen muss die technische Bezeichnung der Legierung (Gold- oder Gold-Platin, NEM-CrCo/ -CrCoMo etc.) und der Markenname eindeutig und unverwechselbar (nachprüfbar) auf der Laborrechnung genannt werden.

Der „Tagespreis“ (aktuelle Wert)  für Legierungen interessiert, weil er wertvolle, ggf. Geld ersetzende Edelmetalle betrifft, deren hoher Preis beträchtlich (z.B. um den Wert von 50-70 €/g) schwankt, der aber exakt zum Stichtag der Verarbeitung abgerechnet wird.

Dazu kommt auf die Laborrechnung die Angabe des Gewichts für den Werkstück-Rohling und der für das fertiggestellte und polierte Endprodukt. Der Patient/ Zahlungspflichtige bekommt legitim den Preis für den echten Goldverbrauch - den Preis des Rohlings - in Rechnung gestellt. Die Golddifferenz vom Rohling zur fertigen Zahnversorgung ist der sog. (unvermeidbare) Verschliff, der im Dentallabor mit ausgeklügelten Methoden (Kehrgut,  Absaugung etc.) aufgefangen wird und in der Goldscheideanstalt wiederaufbereitet werden kann. Er liegt bei unkomplizierten Werkstücken im unteren einstelligen Prozentbereich, kann aber mal bei Fräsarbeiten in den zweistelligen Bereich geraten.

Den Tagespreis erfährt man auf den Webseiten von Dentalgoldhändlern. Sehr sorgfältiges und Vertrauen bewahrendes Wirtschaften im Goldbereich liegt im Interesse aller Beteiligten.

Besondere Bestimmungen zur Gebührenberechnung gem. Anlage 2 zur GOZ

Die Anlage 2 zur GOZ etablierte neue Besonderheiten zur Berechnung von GOZ-Gebühren, zum Ausweis von GOÄ-Gebühren und zur Berechnung von Analog- oder Verlangensleistungen. Diese Besonderheiten waren und sind aus den Paragrafen 4 bis 10 der GOZ nicht ohne weiteres erkennbar oder ableitbar. 

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER