DZW-Artikel – Meist- und Geringbeanstander 2020 von COVID-19 beeinflusst?

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Inhalt

GOZ-Statistik der berufsständischen zahnärztlichen Abrechnungsgesellschaft DIE ZA

 

Das in der Vergangenheit regelmäßig veröffentlichte Ranking der „Beanstander“ von Privatrechnungen berücksichtigte bis 2012 nur die absolute Zahl der Fälle, die zur Bearbeitung eingingen. Damit ist für interessierte Praxen u. A. die Wahrscheinlichkeit abschätzbar, auf typische Einwände bestimmter Erstatter zu treffen.

Es gibt zusätzlich deutliche Unterschiede, was die Anzahl der einzelnen Beanstandungsthemen je Fall anbelangt. Spitzenreiter ist hier die Hallesche Krankenversicherung mit durchschnittlich ca. 3,5 Einzelthemen je Fall, die oft sehr ins Einzelne gehen bzw. in die Nähe des Kleinlichen geraten. Da kommt es sogar vor, dass 5 Seiten Rechnung von 4,5 Seiten Beanstandungen und Einwänden begleitet werden.

 

Um das grundsätzliche Beanstandungsverhalten bestimmter Erstatter nach Intensität und Menge erkennen und einschätzen zu können, ist es von Interesse, die Zahl der Beanstandungsfälle ins Verhältnis zu setzen zur Zahl der bei dem bestimmten Erstatter „zahnversicherten“ Personen.

In der folgenden Tabelle 1 wird z.B. dargelegt, dass die Postbeamtenkrankenkasse relativ am häufigsten Abrechnungen in Frage stellt und nicht erstatten will. Das trifft auf die KVB sehr viel weniger zu.

 

Tabelle Nr. 1:

Meistbeanstander 2020 in Relation zur Anzahl der Versicherten

© DIE ZA

 

Die Rangfolge der Beanstandungsquoten der Versicherungsunternehmen wird hier dargestellt bis zu Platz Nr. 20. Die Liste ist viel länger und enthält auch sehr kleine und z.B. neue Unternehmen. Gefragt wird bei begrenzter Tabellendarstellung gelegentlich, wer denn auf Platz 21 zu finden sei?

 

Fortsetzung Tabelle 1

Meistbeanstander 2020 in Relation zur Anzahl der Versicherten

© DIE ZA

 

Die Frage erscheint deshalb von Interesse, weil man erfahren möchte, welche Versicherung sich großzügig erweist und/oder am wenigsten Bürokratie bei der Erstattung verursacht. Ganz so einfach ist das aber nicht: Die Beanstandungsquote kann sich z.B. stark erhöht darstellen, wenn sich eine kleinere PKV auf Nichtanerkennung eines einzigen, aber sehr häufig berechneten strittigen Sachverhalts versteift. (Siehe dazu u. a. Tabelle Nr. 2.)

Da wird ein weiteres Problem dieser Statistik (Tab. 1) evident, dass die Darstellung der Beanstandungsquote je Jahreszeitraum natürlich erst am Jahresende erfolgt. Dann bleiben unterjährige Tendenzen oder Entwicklungen über mehrere Jahre ggf. unerkannt, z.B. Verhaltensänderung im Gefolge von Unternehmensverkauf, Tarifschließung etc. 

 

Deshalb ist die folgende Tabelle 2 - verbunden mit ziemlichem Rechercheaufwand – wohl von höherem Interesse: Dort wird die Rangfolge der Erstatter nach Zahl der Beanstandungen im Verhältnis zu der Zahl ihrer Krankenversicherten gewichtet und in eine entsprechende Reihenfolge gebracht, jetzt im Vergleich des Jahres 2019 mit dem Jahr 2020. Dazu wurden die Versichertenzahlen möglichst genau nachgepflegt, die von der PKV jedoch einige Male unvollständig oder schwer verwertbar oder gar nicht angegeben werden:  

 

Tabelle 2:

Ranking der Versicherungen in Abhängigkeit von der Anzahl der Beanstandungen bezogen auf die Zahl der Versicherten (Beanstandungsquote)

© DIE ZA

 

In dieser relationierten Tabelle hat die Postbeamtenkrankenkasse - im Verhältnis zu den Berechtigtenzahlen - der Beihilfe den Rang abgelaufen: Sie produziert (seit 2017) mit Abstand die häufigsten Abrechnungseinwände in Verhältnis zur Zahl der Berechtigten/Versicherten.

Die Allianz z.B. kommt 2019 nur auf den 14. Rang bei den prozentualen „Meistbeanstandern“, wohingegen sie gemäß den absoluten Zahlen wegen ihrer Größe sogar den 4. Rang einnimmt; die Allianz hat bei den absoluten Zahlen deutlich zugenommen, sich gleichzeitig aber auch in der Relation des Jahres 2020 mindestens um 5 Plätze verbessert in Richtung relativer „Wenigbeanstander“.

Bei großen Unternehmen wie z.B. die Debeka ist die in den Praxen gefühlte und unterschwellig assoziierte Beanstandungsqote hoch, obwohl sie objektiv ziemlich niedrig liegt und nun schon seit 2018 gar nicht mehr unter den „Meistbeanstandern“ gelistet ist.

Sehr bemerkenswert ist der in der Vorgeschichte ähnliche, noch weitergehende Fall der DKV, die nach den Zahlen des Jahres  2020 in die Auflistung der objektiv „Wenigbeanstander“ eingestellt werden konnte.

Die Tabelle Nr. 2 weist für 2020  einen „Neueinsteiger“ (Generali ab 1.7.20) auf, der bereits unter den 20 prozentualen Meistbeanstandern vertreten ist.

Der stetig negative Weg der Halleschen Versicherung zum erstrangigen PKV-Meistbeanstander im Laufe der letzten Jahre hat sich 2020 wieder fortgesetzt; die noch schlechter dastehende Postbeamtenkrankenkasse wird sie aber nur schwer überholen können?

 

Ohne Beanstandungen und das Gegenteil

Die an sich interessanten letzten Ränge sind in der Aussagekraft unsicherer geworden, da Geschäftsberichte gerade bei diesen PKV`en wenig aussagefreudig sind. Und es sind dort Versicherungen angesiedelt, die zwar noch unter eigenem Namen auftreten, aber z.B. nur einen Altbestand an Kunden haben oder unter dem Dach einer bekannten „Mutter“ immer weniger aktiv sind.

 

Nicht spiegeln kann diese Tabellen-Rangfolge die Tatsache, dass sich hinter einem Mutterunternehmen zwei oder sogar drei Krankenversicherungsunternehmen verbergen, so z.B. die DBV zugehörig zur AXA, die UKV zur Bayrischen Beamtenversicherung bzw. Versicherungskammer Bayern etc.

Perspektive

Eine weitergehende Statistik, welches Unternehmen längst widerlegte Beanstandungen routinemäßig immer wieder vorträgt (Beanstandungsreflex), welche PKV`en völlig unbeeindruckt von jedweder Erklärung sog. „Rückläufer“ trotz Klarstellungen produzieren und wer die Versicherten mit angeblich tariflich vereinbarten Nichterstattungen im Nachhinein überrascht (Sachkostenlisten etc.), wäre von hohem Interesse. Derartige tiefergehende Statistik ist immer noch nicht fertig, außer zu der Frage, welche Versicherung z.B. relativ die meisten Rückläufer bzw. zweiten Beanstandungsschreiben  produzieren:

 

Tabelle 3:

Ausschnitt aus der Fallstatistik 2020

© ZA AG

In diesem Ausschnitt der Fallstatistik des Jahres 2020 widerspricht die HUK Coburg der Rechnung nach einem erklärenden bzw. rechtfertigenden Schreiben in jedem neunten Fall nochmals, die Barmenia nur in jedem 112. Fall.

 

In der nächsten DZW (3./4. KW) wird die Jahresstatistik 2020 bezüglich der eigentlichen Beanstandungspunkte und -sachverhalte vorgestellt.

(Zahlen mit freundlicher Genehmigung der ZA AG, Düsseldorf: Die mit Sorgfalt erhobenen statistischen Zahlen des Jahres 2020 basieren auf einer hohen Fallzahl, die aus einer sehr viel höheren Zahl von bearbeiteten Rechnungen resultiert. Die Zahlen sind dennoch nicht unbedingt repräsentativ, da es regionale Schwerpunkte und Besonderheiten im Rechnungsaufkommen gibt.)

 

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER