Fokus Personalführung – Booster-Tipp für Führungsqualitäten

Dr. Susanne Woitzik

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Inhalt

Was denken Sie über Ihre Mitarbeiter?

Erwartungen, die Sie in Bezug auf Ihre Mitarbeiter haben, zeigen sich in Ihrer Körpersprache und in ihrem Verhalten. Das wird (un- bzw. unter-)bewusst vom betreffenden Mitarbeiter wahrgenommen. Er verändert in Folge sein Verhalten in Richtung Ihrer Erwartung. Dieses Phänomen wird in der Psychologie als die Sich-selbsterfüllende-Prophezeiung oder auch als Pygmalion- bzw. Rosenthal-Effekt bezeichnet – nach dem Experiment von Robert Rosenthal aus 1965: Er überzeugte Lehrer davon, dass einige von ihm zufällig ausgewählte Schüler in Zukunft herausragende Leistungen erzielen würden. Die daraus resultierenden Erwartungen der Lehrer führten zu einem herzlicheren und nachsichtigeren Verhalten den vermeintlich intelligenteren Kindern gegenüber. Die Intelligenzmessung am Schuljahresende ergab, dass diese Schüler ihr Intelligenzniveau deutlich steigern konnten.

Ein Beispiel aus meinem Beratungsalltag:

In einer Praxis gab es einen Auszubildenden, der bereits seit 1 1/2 Jahren in der Praxis war. Die übrigen Teammitglieder waren genervt, weil er viele Dinge, die sie bereits nach sechs Wochen konnten, immer noch nicht konnte. Wenn Sie dem Azubi eine Aufgabe übertrugen, gaben Sie ihm durch körpersprachliche Signale zu verstehen, dass er diese Aufgabe wohl wieder nicht bewältigen würde.

Die Folge: Er stand mental auf der Bremse und versagte erneut. Im Mitarbeitergespräch fand ich heraus, dass er schon immer davon geträumt hatte, die Ausbildung zum ZFA zu machen. Diese Information hat mir gezeigt, dass er will und jemand, der will, kann auch lernen. Im Gespräch mit dem Team habe ich das Konzept der Sich-selbsterfüllenden-Prophezeiung erläutert und jeden einzelnen darum gebeten, beim nächsten Mal fest daran zu glauben, dass der Azubi die jeweilige Aufgabe ganz bestimmt schaffen wird und ihm alles erneut geduldig zu erklären. Und siehe da: Nach einem Monat bekam ich einen Anruf aus dieser Praxis und die Rückmeldung, dass der „Knoten beim Azubi“ jetzt geplatzt sei. Er entwickele sich prächtig. Welcher Ihrer Mitarbeiter könnte von einer „zweiten Chance“ profitieren? Wer benötigt positiven Zuspruch von Ihnen?