DZW-Artikel – Behandlung mit oder ohne Abnahme oder Änderung der Implantat-Suprakonstruktion

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Behandlung mit oder ohne Abnahme oder Änderung der Implantat-Suprakonstruktion 

 

Die Beschlüsse der Konsensuskonferenz zur Klassifikation periimplantärer Erkrankungen (2018) auf dem Wege zu entsprechenden S3-Leitlinien sind nach wie vor gültig und die verabschiedeten Leitlinien haben noch immer Geltung, sollen sich allerdings in Überarbeitung befinden? Die zuerst erstellte  - somit älteste der S3-Leitlinien (Beginn 2015) - befasst sich mit der „Behandlung periimplantärer Infektionen“. Die vierte Leitlinie zur subgingivalen instrumentellen Behandlung der Periimplantitis wurde mitunter kontrovers diskutiert, da deren Aussagen auch auf die Behandlung parodontaler Erkrankungen übertragen wurden.     

Die Ergebnisse des „World Workshop on the Classification of Periodontal and Peri-Implant Diseases and Conditions“ bedeuteten eine umfassende Aktualisierung der früheren Klassifikation der perio-/ parodontalen und periimplantären Krankheiten. Erstmals werden nun auch periimplantäre Erkrankungen berücksichtigt und entsprechend der klinischen Phänotypen

  • "Periimplantäre Gesundheit"
  • "Periimplantäre Mukositis" und
  • „Periimplantitis" sowie
  • „periimplantäre Weich- und Hartgewebsdefizite“

klassifiziert.

Periimplantitis unterscheidet sich jedoch in den Entzündungsursachen/-verläufen und in der Vorgehensweise bei ihrer Behandlung - also zahnmedizinisch-fachlich - in einigen Punkten von der Parodontitisbehandlung. Die Vorbehandlungs- und initialen Behandlungschritte der Parodontitis- und Periimplantitisbehandlung sind aber inhaltlich weitgehend übereinstimmend (Belagentfernung, Belagkontrolle, Biofilminhibition etc.).
Gebührentechnisch beschreibt selbst die novellierte Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ`12) im Gegensatz zur dort bereits z.T. veraltet dargestellten Parodontitisbehandlung die Periimplantitisbehandlung noch unzureichender.

Beispiele:

Nr. 4070 GOZ „Parodontalchirurgische Therapie (insbesondere Entfernung subgingivaler Konkremente und Wurzelglättung) an einem einwurzeligen Zahn oder Implantat, geschlossenes Vorgehen“. - In dieser Leistungsbeschreibung ist alternativ zu einem Zahn wenigstens auch ein Implantat als Leistungsort/ -ziel erwähnt. Die Leistungsinhalte „Konkremententfernung“ und „Wurzelglättung“ kennt man aber eher aus der Parodontologie.
Nr. 4075 GOZ: „Parodontalchirurgische Therapie (insbesondere Entfernung subgingivaler Konkremente und Wurzelglättung) an einem mehrwurzeligen Zahn, geschlossenes Vorgehen.“

Bei dieser Gebührenziffer ist von einem Implantat ebenfalls keine Rede, auch nicht bei den beiden folgenden Leistungen mit den

Nrn. 4090, 4100 GOZ „Lappenoperation, offene Kürettage einschließlich Osteoplastik an einem Frontzahn/ Seitenzahn.

Erwähnung von Implantaten findet man noch bei den Nummern

  • 4110 (parodontale/periimplantäre Knochendefektauffüllung),
  • 4136 (Osteoplastik, auch am Implantat),
  • 4138 (Knochendefektbehandlung mit Membran),
  • 4150 (Nachbehandlung je Implantat). –

Die Leistungen nach  den Nummern 4110 und 4136 GOZ werden verhältnismäßig selten berechnet. Sie werden sogar zu selten angesetzt, wenn man sich die erfolgte Behandlung häufiger im Detail darlegen lässt.   

Hier in der Periimplantitisbehandlung der GOZ ist offenkundig, dass allenfalls 2-3 Leistungen aufgeführt sind, die auch chirurgische Therapie der Implantitis darstellen (nicht eingerechnet Entfernung von Implantaten 3000, 3030 GOZ). Ein Großteil der nötigen Leistungen zur Periimplantitisbehandlung ist im Gebührenverzeichnis der GOZ nicht beschrieben, ist daher gemäß § 6 Abs. 1 GOZ (Analogiebildung) nur im Wege des "Gebührenvergleichs" (Entsprechungsberechnung) auf der Rechnung darstellbar.

– Eine Leistung im privaten Behandlungsvertrag ist allerdings nicht dann schon eine Analogleistung, wenn und weil sie im Katalog der neuen BEMA-PAR Leistungen, nicht aber im Gebührenverzeichnis der GOZ aufgeführt ist.

Steigende Nachfrage – strittige Berechnungsweisen

Man unterscheidet bei chirurgischer Periimplantitis-Behandlung

  • geschlossene oder offene Therapiedurchführung, also ohne oder mit Zugangslappenbildung,
  • ohne/mit verdeckte(r) Wiedereinheilung,
  • ohne/mit temporärer Demontage der Suprakonstruktion etc.

 

Es gibt dazu einen förmlichen Beschluss des Beratungsforums von BZÄK, PKV und Beihilfe:

"Eine Periimplantitis-Behandlung im offenen Verfahren stellt eine selbstständige Leistung dar und wird gemäß § 6 Abs. 1 GOZ analog berechnet. Aus grundsätzlichen Erwägungen empfiehlt die BZÄK keine konkrete Analoggebühr. Der PKV-Verband und die Beihilfeträger halten als Analoggebühr je nach Lokalisation die GOZ-Nr. 4090 bzw. die GOZ-Nr. 4100 für angemessen."

 

Wieweit die Akzeptanz der Periimplantitisbehandlung von Seiten der Kostenträger z.T. vorangekommen ist, illustriert die Vertragslage betreffend Soldatinnen/Soldaten der Bundeswehr. Diese haben Anspruch auf die systematische Behandlung von Parodontopathien, auch auf Periimplantitisbehandlung. Die Beantragung erfolgt mit dem Formular "Parodontalstatus", ggf. zusätzlich mit einer "Anlage zum Parodontalstatus" (siehe www.alex-za.de, ALEX-Glossar „Periimplantitis“).

Begleitleistungen der Periimplantitisbehandlung

Implantat getragener Zahnersatz nimmt kontinuierlich zu; Der Bedarf an professioneller Reinigung derartigen Zahnersatzes ebenfalls. Wenig Einigkeit besteht insbesondere bezüglich eines Teils der so genannten Begleitleistungen, z.B. zur Abnahme der Suprakonstruktion im Rahmen einer professionellen Belagentfernung oder Periimplantitis-Therapie.

Zutreffende Leistungsbeschreibungen in der GOZ finden sich nicht, weder die Nr. 9050 (Entfernen/Wiedereinsetzen Aufbauelemente zweiphasiges Implantatsystem in der rekonstruktiven Phase) noch die Nr. 9060 GOZ (Auswechseln im Reparaturfall) spiegeln den tatsächlichen Leistungsinhalt wider. Bei einer Periimplantitis-Therapie ist primär nicht von einem solchen „Reparaturfall“ auszugehen, wenngleich dieser im Einzelfall durchaus hinzu treten könnte. „Auswechseln“ ist der Austausch von Sekundärteilen des Implantates im Sinne von „alt gegen neu“, auch genannt ist die bloße Abnahme- und Wiederbefestigung eines Sekundärteils, jedoch nicht in der „Gebrauchsphase“ zur Reinigung etc..

Die gemäß Leistungsbeschreibung in der Nr. 9060 ebenfalls nicht eingeschlossene „Abnahme und Wiederbefestigung der Suprakonstruktion“ kann ggf. eine eigenständige zahnärztliche Leistung darstellen, welche zusätzlich berechnet wird. Erfolgt z.B. die nötige Abnahme einer Krone in Form einer aktiven „Entfernung“, z.B. durch Schraubenentfernung, durch Schlitzen, Hämmern, Ultraschallockerung usw. gemäß Nr. 2290 „Entfernung einer Krone“, so ist in diesem Fall auch diese 2290 GOZ zutreffend berechnungsfähig. Zwangsläufig ist nach ggf. nötiger Wiederherstellung einer Suprakonstruktion die daraufhin erforderliche Wiederherstellung und -eingliederung der Krone gemäß Nr. 2320 GOZ berechnungsfähig, dies auch im Falle einer Verblendreparatur, ggf. zuzüglich Wiedereingliederung der Brückenspanne nach Wiederherstellung gemäß 5110 GOZ.

 

Nondestruktive Demontage und Remontage der Suprakonstruktion

Doch der Fall einer Periimplantitis-Therapie ohne Reparaturbedarf für die bestehende Suprakonstruktion ist damit nicht zutreffend dargestellt. Wirft man einen Blick auf die aktuelle Kommentierung der Bundeszahnärztekammer, so lässt sich folgende Formulierung finden:  „Wiederbefestigung der Aufbauelemente zum Zweck der Reinigung nach rekonstruktiver Phase ist nicht beschrieben und daher analog zu berechnen.“

Das ist, wie erläutert, aus der Leistungsbeschreibung der Nr. 9060 GOZ abzuleiten, wie auch mit den zzgl. Gebührenziffern nach 2290, 2310, 2320 und 5110 GOZ zu belegen. Dennoch: Die Abnahme und Wiederbefestigung, d.h. die Demontage bzw. Remontage von bedingt abnehmbarer Sekundärstruktur - wie beispielsweise verschraubte Stege o. Ä. - und von einer  Tertiärkonstruktion (Suprakonstruktion) ist nicht in der Gebührenordnung beschrieben.

Genau dann ist die Analogie- bzw. Entsprechungsberechnung zutreffend. In „Der Praxiskommentar GOZ`12“ (ZFV-Verlag) ist in Teil K. der anhängenden Entsprechungsliste eine gem. § 10 (4) GOZ verständliche Beschreibung der Leistung plus Analogziffer aufgeführt mit dem Wortlaut „Demontage, PZR der Implantat-Suprakonstruktion, Remontage, je Implantat“. In Teil E. gibt es eine entsprechende Leistungsbeschreibung „Lappenoperation am Implantat zur Periimplantitisbehandlung“, die ggf. hinzukommt.  Bekannt ist, dass zahnärztliche Leistungen, welche auf Grundlage des  § 6 Abs. 1 GOZ berechnet werden, alles andere als gesicherte Erstattung mit sich bringen. Dazu ist Vorabaufklärung das Mittel der Wahl.

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER