DZW-Artikel – Ausweitung von Analogleistungen: Irrweg oder Ausweg?

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Inhalt

Wie ist mit Blick auf die aktuelle Lage in Zukunft mit Analogleistungen zu verfahren? Primär vorgetragen wird da die Ansicht der BZÄK (Bundeszahnärztekammer). Andere, z.T. gegenläufige Positionierung oder mögliche Kontrapositionen sind aber durchaus möglich.
Die mehr Freiheit gewährende Weiterentwicklung des Analogparagrafen in der GOZ`12: „Selbständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden“ bedeutet:

  1. eine Analogleistung muss eine selbständige Leistung sein, nicht Teil einer anderen berechneten Leistung.
  2. Sie muss weder neu sein noch einen Stichtag für ihr erstmaliges Erscheinen erfüllen.
  3. Sie darf im Gebührenverzeichnis GOZ, aber auch im Zahnärzten zugänglichen Teil der GOÄ nicht aufgeführt sein.
  4. Zur rechtskonformen Berechnung muss die Analogleistung verglichen werden mit einer in GOZ oder GOÄ vorhandenen gleichwertigen Leistung.
  5. Vergleichsparameter zur Feststellung der Gleichwertigkeit – in aller Regel nur durch den approbierten Behandler selber - sind „Art, Kostenaufwand und Zeitaufwand“ der erfolgten Leistung im Vergleich mit der entsprechend herangezogenen Leistung.
  6. Die drei Kriterien der Gleichwertigkeit nach Art, Kosten- und Zeitaufwand sind gleichrangig, obwohl die vergleichbare Art der Leistung an erster Stelle - vorrangig - genannt ist.

Eine zahnärztliche Leistung ist eigentlich nicht nach Art gleichwertig, sondern ggf. vergleichbar. Die inhaltliche Vergleichbarkeit bei der Auswahl der Vergleichsleistung wird mitunter von Gerichten – besonders im ärztlichen Bereich – als absolut vorrangig angesehen.
Dann kommt es zu Berechnungskonstruktionen, die dem Laien abenteuerlich erscheinen:

Nur weil eine bestimmte Vergleichsleistung der Gebührenordnung nach Art so besonders gut „passt“, jedoch nach Kosten- und Zeitaufwand weit unter der nötigen Vergütung rangiert, sagen vereinzelte Gerichte, dann müsse halt die Vergleichsleistung Kosten- und Zeitaufwand entsprechend zweimal berechnet werden. Diese Urteile erscheinen verwunderlich, gibt es doch auch für Analogleistungen zusätzlich das Mittel der Erhöhung des Steigerungssatzes mit Festlegung durch eine Gebührenvereinbarung der Höhe nach gem. § 2 (1, 2) GOZ/GOÄ.

Was will die Zahnärzteschaft?
Freiheit durch Leistung entsprechende  Honorargestaltung, auch in Zukunft. 
Was will der Patient?
Teilhabe am Fortschritt der Zahnmedizin oder volle Erstattung?

Die herrschende Meinung sagt: „Eine Empfehlung einer konkreten Abrechnungsposition für bestimmte Leistungen oder eine Honorarhöhe auf einer zentralen Liste wäre einengend, weil sie von Kostenerstattern als Referenz benutzt würde. Daher keine Empfehlung zu Analogleistungen und deren Bewertung durch die Bundeszahnärztekammer oder Landeszahnärztekammern.“

Unbestritten ist, dass sich Kostenerstatter mit analogen Leistungen schwer tun, aus unterschiedlichen Gründen. Bei der Vereinbarung von Analogleistungen und deren Erstattung wären die stetig und immer noch stark anwachsenden hohen Reibungsverluste weitgehend vermeidbar, wenn es einen Beispielkatalog mit präzise formulierten und mit Analogziffern ausgestatteten Leistungsbeschreibungen gäbe.

Ein derartiger Beispielkatalog wird sich so oder so auf längere Sicht durch die Rechtsprechung etablieren. Eine verbreitete Meinung sagt dazu: „Administrativ bringt eine klare Benennung von festen Analogpositionen Vorteile im Alltagsgeschäft der Berechnung und Erstattung, die jedoch langfristige Nachteile nicht aufwiegen. Sicherheit der Berechnung und Erstattung ist bequem, aber bedeutet voraussichtlich Stillstand in der Bewertung.“

In der Gegenrede wurde speziell die immer noch beobachtbare Ausweitung der Analogberechnung als Irrweg bezeichnet. Die Gegenrede verweist auf den Zwang zur Analogberechnung, umso stärker, je länger die inhaltmäßige und vergütungstechnische Überalterung der GOZ ohne Anpassungen fortschreitet. Das sind bereits wieder fast 10 Jahre. Hinzu kommt, dass zunehmend Gerichtsurteile die Geschäftsbasis der GOZ-Novelle 2012 erheblich verletzen oder sogar zerstören (z.B. die jüngsten Urteile des BVerwG zur Behandlung mit einem „Retainer“ oder „Klebebracket.“

Nachvollziehbar zögernde Erstatter  

Manchmal sind weitgehend bis völlig unverständliche Leistungsbeschreibungen Ursache von Erstattungskonfusion. Der Zahlungspflichtige hat ein Recht auf  verständlich beschriebene Leistungen.

Es resultiert zunehmende Nichterstattung daraus. Das liegt z. T. an formalen Fehlern bei der Analogberechnung, aber indirekt ist dafür auch die an etlichen Stellen schlecht formulierte GOZ´12 die Ursache.

Die Linie „keine Analogkataloge, keine Bewertung der Analogleistungen“ sieht die KZBV wohl partiell „lockerer“ in der im September 2021 veröffentlichten Gegenüberstellung von neuen BEMA-Leistungen und u. A. Hinweisen auf diesen Leistungen im privatrechtlichen Behandlungsvertrag (GOZ/GOÄ) inhaltlich entsprechenden PAR-Analogleistungen?

Es geht zahnmedizinisch um private Parodontitis-Behandlung von Patienten in Umsetzung der S3-Leitlinie unter Anwendung wissenschaftlich fundierter neuer Leistungsbeschreibungen:

Es handelt sich also um inhaltlich ähnlich wie parodontal-therapeutische BEMA-Leistungen formulierte private Leistungen (z.B. Analogleistungen) mit wissenschaftlich untermauerter Formulierung.

Ob folglich diese Leistungen anhand der dort aufgeführten tabellarischen Auflistung nicht nur dem Grunde, sondern auch der Höhe nach analog bewertet werden sollten, bleibt offen:

„Erfolgt bei der systematischen Parodontitis-Behandlung von PKV-Patienten die Umsetzung der S3-Leitlinie "Die Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III" unter Anwendung wissenschaftlich fundierter neuer Leistungsbeschreibungen, können die Leistungen anhand der tabellarischen Auflistung der KZBV berechnet werden. In dieser ist das aus der S3-Leitlinie resultierende Leistungsgeschehen gemäß den gebührenrechtlichen Bestimmungen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) für den privatzahnärztlichen Bereich dargestellt.

Mehr dazu in unserem ALEX Wiki

 

Diskussionsbeiträge

Von Seiten der PKV werden als Hauptprobleme der Analogberechnung benannt:

  1. Analogberechnung wird nicht erkennbar, verordnungskonträr ausgewiesen (formale Fehler).
  2. Sie ist darüber hinaus oft nicht verständlich im Sinne des § 10 (4) GOZ.
  3. Es kommt vor, dass Analogleistungen nach Kosten- und Zeitaufwand fehlkalkuliert sind.

Die PKV sagt, sie habe mit der Analogberechnung kein grundsätzliches Problem, sondern im Wesentlichen ein Problem mit deren Handhabung.

Analogleistungen müssen für Laien verständlich im Sinne des § 10 (4) GOZ formuliert sein. Dazu kann und sollte seitens der GOZ-Kommentierung praktische Hilfestellung erfolgen. Damit wird auch keine Freiheit des Zahnarztes eingeschränkt, sondern ihm und dem Rechnungsempfänger, ggf. sogar dem Erstatter geholfen. Eine derartige Hilfestellung bietet z.B. auch die DKV bezüglich der „antimikrobiellen photodynamischen Therapie“ (aPDT/ PDT/ PACT/ PT etc.: siehe Online-Abrechnungslexikon ALEX  - www.alex-za.de – 4000 GOZ – 7.5).

Sehr wichtig für Eigenformulierungen der Zahnärzte sind vollständige Angaben der fünf grundlegenden Berechnungsfakten. Die Formulierung der tatsächlichen Leistung muss erkennen lassen: Wo erfolgt wie oft konkret welche Leistung, wozu und womit?

Also nicht einfach und unpräzise „Lasersterilisation im Kanal“ (Sterilisation gibt es dort nicht), sondern „Dekontaminierungsbehandlung eines Wurzelkanals mit „AB-Hochenergielaser“ je Sitzung“. - Noch besser wäre zur Abgrenzung gegen mögliche oder behauptete Leistungsüberschneidung mit dem Einwand „Laser ist abgegolten mit Zuschlag zu Nr. 2410 GOZ“ die zusätzliche Information: Dekontaminierungsbehandlung im aufbereiteten Wurzelkanal mittels AB-Hochenergielaser je Sitzung“. Da ist die Leistung nach 2410 GOZ bereits beendet, also der später folgende Dekontamierungsversuch eindeutig davon separierte selbständige Leistung.

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER