ZA-Briefing - Wir machen’s (uns) einfach

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Inhalt

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

Sie können sich weiter über die fehlende Punktwertanpassung der GOZ beschweren, sich (zu Recht) über den Verordnungsgeber, Versicherungsmitarbeiter und Beihilfebeamten aufregen – oder Sie gestatten mir, Ihnen ein Thema näherzubringen, das vielen unter Ihnen lästig zu sein scheint und trotzdem die Lösung darstellt. Es geht um das Recht auf die Vereinbarung der Gebührenhöhe auf der Grundlage des Paragrafen 2 Abs. 1 und 2 GOZ.

Diese reguläre gebührenrechtliche Regelung führt zu Unrecht ein Schattendasein in der Kollegenschaft. Diejenigen jedoch, die diese Vorgehensweise erst einmal in ihrer Praxis etabliert haben, nutzen dieses gebührenrechtliche Instrument mit steigender Begeisterung. Das ist leicht zu verstehen, denn die Vereinbarung der Gebührenhöhe ist das einzige Verfahren, um rechtssicher eine angemessene Honorierung auch oberhalb des 3,5-fachen Steigerungssatzes für zahnärztliche Leistungen zu erhalten.

Im Unterschied hierzu ist die Anwendung eines erhöhten Steigerungssatzes gemäß Paragraf 5 Abs. 2 GOZ nur innerhalb des Gebührenrahmens bis zum 3,5-fachen Steigerungssatz möglich und erfordert darüber hinaus bei Ablehnung durch Kostenerstatter im Nachgang auch noch bürokratischen Aufwand durch nachträgliche
Erläuterungen. Diese Anstrengungen sind zudem nicht immer von Erfolg gekrönt.

Auch die zusätzliche Erbringung und Berechnung von „Begleitleistungen“ ist wenig effektiv, wenn man unterstellt, dass auch deren Vergütungen nach über drei Jahrzehnten ausgebliebener Punktwerterhöhung die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten seit Langem nicht mehr abbilden. Die Vereinbarung gemäß Paragraf 2 Absatz 1 GOZ befreit Sie von all diesen Zwängen und gewährt Ihnen angemessene Vergütungen für Ihre zahnärztlichen Tätigkeiten. Im Folgenden möchte ich Ihnen zeigen, was Sie dabei beachten müssen: Sie müssen den Inhalt der Vereinbarung mit dem Zahlungspflichtigen besprechen. Dieses Gespräch ist nicht vollständig delegationsfähig. Teile davon können an zahnärztliches, nicht approbiertes Praxispersonal übertragen werden, Sie aber müssen in jedem Fall beteiligt sein.

Der Inhalt der Unterhaltung ist nicht vorgegeben, weisen Sie aber getrost auf betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten hin. Sie müssen dabei nicht mit sich „feilschen“ lassen. Es bleibt Ihrer Entscheidung überlassen, zu welchen Gebühren Sie welche Leistungen erbringen wollen. Ohnehin erscheint es weltfremd, die Preisbildung für zahnärztliche Leistungen den Vorstellungen eines mit dem Leistungsgeschehen und den wirtschaftlichen Erfordernissen einer Zahnarztpraxis nicht Vertrauten zu überlassen.

Achten sie darauf, dass Sie tatsächlich mit dem zur Zahlung Verpflichteten sprechen und die Vereinbarung treffen. Dieser ist nicht zwingend identisch mit dem Patienten. Mit einer minderjährigen Schülerin ohne eigenes Einkommen und Vermögen, die unterhaltsberechtigt gegenüber ihren Eltern ist, können Sie schwerlich eine Vereinbarung über 5.000 Euro treffen. In solchen Fällen müssen Sie die Eltern oder ein Elternteil mit ins Boot holen.

Abbildung: Wir machens uns einfach

Die Vereinbarung der Gebührenhöhe ist das einzige Verfahren, um rechtssicher eine angemessene Honorierung auch oberhalb des 3,5-fachen Steigerungssatzes für zahnärztliche Leistungen zu erhalten.

Die Vereinbarung erfordert die Schriftform

Das Schriftformerfordernis hat zur Folge, dass die Vereinbarung von Zahnarzt und Zahlungspflichtigem jeweils eigenhändig durch Namensunterschrift zu unterzeichnen ist. Die Unterzeichnung durch ein Mitglied des Praxispersonals reicht nicht. Die Vereinbarung muss neben den Gebührennummern und den Bezeichnungen der Leistungen (Leistungsbeschreibungen, gegebenenfalls sinnerhaltend verkürzt) die vereinbarten Steigerungssätze und die sich daraus ergebenden Beträge enthalten.

Es muss der Hinweis in der Vereinbarung erfolgen, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Dem Zahlungspflichtigen ist ein Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen. Ein ergänzender Hinweis in der Vereinbarung darauf, dass der Zahlungspflichtige eine Ausfertigung der Vereinbarung erhalten hat, ist unschädlich.

Weitere Eintragungen darf die Vereinbarung nicht enthalten, sie führen zur Unwirksamkeit der Vereinbarung und gefährden damit die Fälligkeit der Vergütung. Sinn und Zweck dieser sehr stringenten Formvorschriften besteht darin, den Zahlungspflichtigen nicht vom wesentlichen Inhalt der Vereinbarung abzulenken, nämlich den unter Umständen von ihm zu tragenden Kosten.

Ersparen Sie sich in jedem Fall Anmerkungen in der schriftlichen Vereinbarung zu der von Ihnen angestrebten exorbitanten Qualität Ihrer Leistungen oder andere Angaben, die dem Zahlungspflichtigen suggerieren können, ohne Abschluss der Vereinbarung sei eine ordnungsgemäße Behandlung eigentlich nicht möglich.

 

Wann und worüber Sie die Vereinbarung treffen

Hinsichtlich des Zeitabstands, in dem die Vereinbarung vor der Leistungserbringung zu erfolgen hat, existieren keine starren Fristen. Es lässt sich indes festhalten, dass der zeitliche Abstand umso größer sein muss, je bedeutender die finanzielle Belastung für den Zahlungspflichtigen ist. Der Zahlungspflichtige muss die Gelegenheit erhalten, mögliche Kostenerstattungen Dritter vor Inanspruchnahme der Leistungen abzuklären, sofern er das wünscht.

Der Abschluss einer Vereinbarung ist auch noch während einer laufenden (umfangreichen) Gesamtbehandlung für noch nicht erbrachte Leistungen möglich. Voraussetzung ist, dass die vorstehend dargestellten Bedingungen erfüllt werden, und es dem Zahlungspflichtigen freisteht, die zu vereinbarenden Leistungen zu den ursprünglich vereinbarten/abgesprochenen Bedingungen zu verlangen, die Behandlung abzulehnen oder sie sich anderweitig zu beschaffen. In einem kurzen Satz: Der Zahlungspflichtige darf nicht in seiner Entschließungsfreiheit und Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt sein.

Möglich ist es auch, eine „Vorratsvereinbarung“ zu treffen: Die Gesamtplanung zum Beispiel ei- ner umfangreichen Gebisssanierung ist häufig nicht mit Sicher- heit möglich. In einer solchen Situation kann es sich daher empfehlen, orientiert an der individuellen Behandlungssituation, infrage kommende Leistungen zu vereinbaren, auch wenn diese letzten Endes nicht zur Ausführung gelangen.

Über Notfall- und akute Schmerzbehandlungen können Sie zwar ebenfalls eine Vereinbarung treffen, abhängig machen dürfen Sie diese zahnärztliche Hilfeleistung vom Abschluss einer solchen Vereinbarung jedoch nicht.

Das haben Sie davon

Zunächst bindet die Vereinbarung gemäß Paragraf 2 Abs. 1 und 2 GOZ nicht nur den Zahlungspflichtigen, sondern auch Sie. Das bedeutet, dass Sie auf Grundlage einer gültigen Vereinbarung erbrachte Leistungen zwar zu einem niedrigeren Steigerungssatz berechnen können, nicht jedoch zu einem höheren. Bei sauberer Kalkulation sollte das kein Problem sein. Sofern Sie sich an eine solche rechtswirksame Vereinbarung halten, werden die von Ihnen beanspruchten Gebühren keinen Diskussionsgegenstand darstellen. Ihr Patient kann sich nicht erstaunt oder verärgert über eine eventuell auch nur vermutete Kostenausweitung zeigen. Sie ersparen sich aufwendige und zeitraubende Begründungs- und Erläuterungsorgien.

Der seit 34 Jahren unveränderte Punktwert der GOZ kann Ihnen gleichgültig sein. 

Sie erhalten eine angemessene Vergütung für Ihre zahnärztlichen Leistungen.

Haben Sie keinen Respekt vor deutlich über dem 3,5-fachen liegende Steigerungssätze, auch zum Beispiel der 8,2-fache Steigerungssatz wurde mehrfach gerichtlich bestätigt.

Sie müssen keine Leistungen mehr „billiger“ als im Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema) erbringen. Zahlreiche Bema-Leistungen sind mittlerweile besser dotiert als die vergleichbaren GOZ-Leistungen zum 3,5-fachen Steigerungssatz.

Auch bei gesetzlich Krankenversicherten können Sie Paragraf 2 Abs. 1 und 2 GOZ anwenden, sofern gemäß dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) Leistungen gemäß den Bestimmungen der GOZ (bei der Mehrkostenvereinbarung von Füllungen oder gleich- und andersartigem Zahnersatz) erbracht werden, oder der Patient durch Vereinbarung gemäß des Bundesmantelvertrags Zahnärzte von der vertragszahnärztlichen Behandlung losgelöst wird.

So fangen Sie an

Machen Sie planbare GOZ-Leistungen bei privat Krankenversicherten, die im Bema höher bewertet sind, zum Gegenstand von Vereinbarungen. Fragen Sie den Privatversicherten, ob er nicht eine Behandlung wünscht, die zumindest genauso vergütet wird wie in der sozialen Krankenversicherung. Bei zum Beispiel umfangreichen prothetischen oder implantologischen Behandlungen, die auch für den Privatversicherten mit einer Kostenbeteiligung verbunden sind, machen Sie einzelne, aus Ihrer Sicht eklatant unterbewertete Leistungen zum Gegenstand einer Vereinbarung. Aus der relativ geringen Erhöhung der vom Zahlungspflichtigen zu tragenden Kosten resultiert aus Ihrer Sicht die angemessene Vergütung der vereinbarten Leistungen.

Gemäß Paragraf 28 Abs. 2 des Fünften Sozialgesetzbuches sind Sie verpflichtet, bei Schmelz-Dentin- adhäsiven Restaurationen mit gesetzlich Krankenversicherten eine schriftliche Mehrkostenvereinbarung zu treffen. Ergänzen Sie diese um eine Vereinbarung gemäß Paragraf 2 Abs. 1 und 2 GOZ. Der Zahlungspflichtige ist in diesem Zusammenhang bereits an eine Zuzahlung gewöhnt, ihn interessiert nicht die rechtliche Grundlage, sondern nur der Eurobetrag, den ihn die „Füllung“ kostet. Das sind nur einige Anregungen, wie Sie mit der Vereinbarung nach Paragraf 2 Abs. 1 und 2 GOZ starten können. Sie werden sehen, nach einiger Zeit wird dieses Prozedere völlig selbstverständlicher Bestandteil Ihres Praxisablaufs.

Mit freundlichen und kollegialen Grüßen
Dr. Michael Striebe,
GOZ-Berater Die ZA