DZW-Artikel – Schriftliche gutachtliche oder gutachterliche Äußerung?

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Inhalt

In der gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist unter der Abschnittsüberschrift

B. Grundleistungen und allgemeine Leistungen“, dort unter„VI. Berichte und Briefe“, ein besonderer Bericht mit der Gebührennummer 80 GOÄ zu finden.

Die vollständige Leistungsbezeichnung in der GOÄ lautet „schriftliche gutachtliche Äußerung“ (z.B. GOÄ- Druckausgabe Dtsch.Ärzteverlag 1.1.2003).

Dagegen heißt es bei der Nr. 85 GOÄ „schriftliche gutachterliche Äußerung“. In Datenbanken differiert die Textwidergabe; die nachlesbaren Erläuterungen und Kommentierungen befassen sich jedoch ganz überwiegend mit „gutachterlichen „Äußerungen“.  

Gibt es einen beachtlichen Unterschied zwischen „gutachtlich und gutachterlich“?

In Bezug auf schriftliche Äußerungen: Ja es gibt einen Unterschied:

Bei „gutachtlich“ wird das Resultat betont, also die schriftliche Äußerung wie in einem Gutachten.
Bei „gutachterlich“ wird die sich äußernde Person in den Vordergrund gestellt – ein fachkundiger Gutachter. Seine schriftliche Äußerung soll bereits ein Kurzgutachten oder ein Gutachten kleineren Umfangs darstellen.

Die gutachterliche Äußerung ist zunächst betriebswirtschaftlich begrenzt durch den Vergütungsrahmen der Ä80 (ca. fünf bis 15 Minuten).

Die folgende Nummer 0085 GOÄ stellt bereits eine „Schriftliche gutachterliche Äußerung mit einem das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand dar - gegebenenfalls mit wissenschaftlicher Begründung-, je angefangene Stunde Arbeitszeit“. - Zweifellos soll die mit der GOÄ 0085 verbundene schriftliche Äußerung ein Gutachten darstellen.

Berechnungsregeln zur Ä80 (0080 GOÄ):

Die 80 GOÄ ist berechnungsfähig: je gutachterliche Äußerung eines Arztes in schriftlicher Form bestehend aus mindestens 3 medizinischen Teilaussagen oder Sätzen bei schriftlicher Anforderung der gutachterlichen Stellungnahme.

  • nicht für eine Befundmitteilung
  • nicht alleine für den Befundbericht, der mit der jeweiligen Leistung abgegolten ist ggf. mit einem Pauschalhonorar
  • nicht für einen Krankheitsbericht, (das ist Ä75) nicht für ausführliche Karteiaufzeichnungen
  • nicht für das Beantworten von Rechnungsnachfragen kostenerstattender Stellen
  • nicht für das begründende Erläutern einer Rechnung auf Verlangen des Zahlungspflichtigen (§ 10 Abs. 3 GOZ)
  • neben Laboratoriumsuntersuchungen nach M und histologischen Untersuchungen aus Teil N  GOÄ
  • neben Ä1 (Kurzberatung)
  • neben Ä5, Ä6 (Untersuchungen), auch neben 0010 GOZ
  • neben Ä30, Ä31 (homöopathische Anamnesen)
  • neben Ä34 (Beratung über lebensbedrohliche Erkrankung)
  • neben Ä95, Ä96 (Schreibgebühren)

 

Die 80 GOÄ ist nicht berechnungsfähig

  • neben Ä3 (eingehende Beratung), da Ä3 einerseits nur als einzige Sitzungsleistung, andererseits nur alleine neben Ä5, Ä6 oder 0010 GOZ möglich ist.

Es können keine Portokosten lediglich für das Verschicken der Gutachtenrechnung berechnet werden.

Jedoch für das Verschicken der schriftlichen Äußerung nach Ä80 sind die anfallenden Versand- und Portokosten (in den Versandkosten sind der spezifische Materialverbrauch, Durchführungs-/ bzw. Lohnkosten etc). zu berücksichtigen. Porto und das Verschicken der Rechnung zu dem Vorgang kann hingegen nicht berechnet werden, auch dann nicht, wenn diese einen anderen Adressaten hat.

Schreibgebühren nach den Nummern Ä95 und Ä96 sind für Zahnärzte nur neben den Leistungen nach den Nummern Ä80 (schriftliche gutachtliche Äußerung) und Ä85 (aufwendiges Gutachten) und nur mit dem einfachen Gebührensatz berechnungsfähig. Jede nötige oder verlangte gutachtliche Äußerung ist als Ä80 berechnungsfähig, jedoch sind Befundmitteilungen zu Röntgenaufnahmen mit der Gebühr nach Ä5000 ff. abgegolten. Umfang und Inhalt der Ä80 selber sind nicht näher bestimmt, es muss sich nur um eine schriftliche Äußerung handeln mit einer (persönlichen) medizinisch-fachlichen Beurteilung eines Sachverhaltes.

Den Unterschied zwischen einer "Äußerung" und einem "Gutachten" macht ggf. die Autorität des Verfassers, liegt aber auch im Aufbau und Umfang des Schriftstückes: Aber auch einfache gutachtliche Äußerungen bestehen mindestens aus drei Teilaussagen/ Sätzen:

  • Darstellung des medizinischen Sachverhaltes,
  • dessen ärztliche Beurteilung bzw. die medizinischen Folgerungen daraus
  • und die Begründung dafür

Dagegen mehr als diese drei Aussagen (Sätze), z.B. eine zusätzliche Prognose, Differentialbetrachtung, Erkenntnisse der Wissenschaft, Abwägen zwischen verschiedenen Aspekten und/oder ein Literatur- und Lehrmeinungenvergleich sind für ein aufwendiges Gutachten kennzeichnend und machen die Ä85 „aufwendiges Gutachten“ berechnungsfähig. Der Umfang der Leistung nach der Nummer Ä80 wird nach oben begrenzt durch den Leistungsinhalt der Ä85.
 

Abgrenzung der Ä80 von der Ä85
Die Abgrenzung der Ä80 von der Ä85 (aufwendiges Gutachten) ist bei der Ä85 durch den "das gewöhnliche Maß übersteigenden Aufwand" definiert. Dieser besondere Aufwand kann in einer zusätzlichen wissenschaftlichen Begründung bestehen etc.

Hauptunterschied ist jedoch der zur Ä80 und Ä85 benötigte Zeitaufwand. Verordnungskonform gemäß Leistungsbeschreibung der Ä85 ist dieser Aufwand "je angefangene Stunde Arbeitszeit" berechnungsfähig, wobei die Feinjustierung innerhalb der Stunde durch den bemessenen Gebührensatz erfolgt (1- bis 3,5-fach). Selbstverständlich könnten bei der Berechnung der Ä85 auch mehrere Stunden Zeiteinsatz mit Faktor 3,5 vonnöten werden und es könnte eine vorherige Vereinbarung der Gebührenhöhe (§ 2 Abs. 1 GOÄ/ GOZ) mit dem Auftraggeber des Gutachtens erfolgen :
Das "gewöhnliche Maß" der Ä80 ist dagegen bei Inanspruchnahme des Arztes/ Zahnarztes betriebswirtschaftlich ein Aufwand von ca. 10 Minuten – also bei durchschnittlicher Schwierigkeit und unter unwesentlich behindernden Umstände usw.

Ein nötiger zeitlicher Aufwand bis ca. 10 Minuten entspricht mindestens dem Mittelsatz der Ä80 und der Höchstsatz der Ä80 bietet Raum ggf. für eine Viertelstunde ärztlichen Zeiteinsatzes.

Dagegen wäre der Vergütungssprung bei Berechnung von 2x Ä85 - z.B. für 65 Minuten Zeitbedarf - unübersehbar und führt nicht selten zu Diskussionen  - eine volle und eine angefangene Folgestunde - sind hingegen vergütungsadäquat noch innerhalb des Gebührenrahmens bewertbar.

Nr. 75 oder schon Nr. 80 GOÄ?

Häufiger als geahnt stellte sich in letzter Zeit die Frage, ob statt eines berechneten Krankheits- und Befundberichtes nach Ä75 die erfolgte Leistung bereits zutreffend sei für eine „schriftliche gutachtliche Äußerung“ nach  Nr. 80 GOÄ? Der Gedanke liegt nicht fern, sobald diagnostische Feststellungen gefordert sind, nicht einfache Darlegung der angetroffenen Symptomatik?

Dazu gesellt sich ggf. der Gedanke, dass wohl auch kein tiefgründiges Fachgutachten nachgefragt wurde sondern eine „gutachtliche Äußerung“?

Ein Zahnarzt hatte in einem Fall der Versicherung mitgeteilt, dass er nicht ohne förmliche Kostenübernahmeerklärung deren Fragen und Anforderungen beantworten werde:

„Person bezogene Auskünfte an den Versicherer sind keine Ausübung der Zahnheilkunde. Die GOÄ-Nr. 75 ist inhaltlich unzutreffend und vergütet betriebswirtschaftlich nur sechseinhalb Minuten zahnärztlichen Zeitaufwand.


Heranzuziehen ist aber wohl eher das Gesetz zur Ausübung der Zahnheilkunde (Zahnheilkundegesetz, ZHG), welches die beruflichen Leistungen des Zahnarztes deutlich abweichend definiert:
Ausübung der Zahnheilkunde ist die berufsmäßige, auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten.
Daher Kurzantwort an die Versicherung: Erteilen von Auskünften zwecks Erstattung von Leistungen stellt keine Diagnostik und/oder Behandlung von Erkrankungen dar. Es handelt sich bei Erstattungsauskunft nicht um zahnärztlich-berufliche Leistung.

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER