und was Kostenerstatter so daraus machen
Kommt der Rat in einem Seminar: „Sollte der Steigerungssatz beim Röntgen nicht ausreichen, besteht die Möglichkeit, ein höheres Honorar zu vereinbaren. Das ist in Paragraf 2 (1) GOZ geregelt.“ Dazu muss unmissverständlich gesagt werden: Nein! Das ist falsch. Weder mit einer Vereinbarung nach Paragraf 2 (1) GOZ noch nach Paragraf 2 (1) GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) ist für Röntgenleistungen ein höheres Honorar zu vereinbaren. Da steht nämlich in Paragraf 2 (3) GOÄ: „Für Leistungen nach den Abschnitten A, E, M und O ist eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 (abweichende Gebührenhöhe) unzulässig.“
Das bedeutet:
Bei allen Leistungen mit dem „großen“ Gebührenrahmen (1 bis 3,5): Vereinbarung – ja.
Mit „kleinem“ Gebührenrahmen (1 bis 2,5), „sehr kleinem“ (1 bis 1,3) oder „keinem“ (1) – nein.
In der GOZ sind keine Röntgenleistungen enthalten, jedoch im zuvor erwähnten Abschnitt „O. Strahlendiagnostik“ der GOÄ. Dazu wird in Paragraf 6 (2) GOZ 12 ausdrücklich bestimmt, dass der Zahnarzt dort genau aufgelistete Leistungen der GOÄ – so alle Röntgenleistungen, sofern für die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde benötigt – nach der GOÄ berechnen kann. Er muss dabei allerdings die GOÄ-Bestimmungen beachten.
Was bedeutet das für private Röntgenleistungen? Der Höchstsatz kann auf keinen Fall überschritten werden:
- Bei 2,5-fach ist bei Röntgenaufnahmen das Maximum mit oder ohne Vereinbarung erreicht.
- Das bedeutet auch ganz praktisch, dass man keinen höheren Gebührensatz vereinbaren kann als bereits gemäß Paragraf 5 Absatz 2 GOÄ durch besonderen Zeitaufwand und besondere Schwierigkeit oder Umstände sowieso gerechtfertigt wäre – nur für Spezialisten: Die „Schwierigkeit des Krankheitsfalls“ ist gemäß Paragraf 5 Absatz 2 Satz 2 GOÄ ein unzulässiges Kriterium beim Bemessen der Gebühr für Röntgenaufnahmen.
Andersherum ausgedrückt: Ohne medizinische Begründung durch „erhöhte Zeit, Schwierigkeit, Umstände wegen …“ gibt es keine gebührentechnisch mögliche Berechnung von Röntgenleistungen über den 1,8-fachen, durchschnittlichen Gebührensatz hinaus.
Begründungen für Faktoren oberhalb von 1,8 bis 2,5
Da sind wir also ohne besondere Schwierigkeit und Umstände beim Faktor 1,8 gelandet. Der ist die Grenze. Darüber hinaus muss eine Begründung her. Aber welche? Ja, fragen Sie mal einen Zahnarzt, der gerade mit nicht unerheblichen Kosten und einiger Mühe auf digitales Röntgen umgestellt und darüber die ersten Privatrechnungen geschrieben hat.
Da hat der Neuanwender sorgfältig kalkuliert (Anschaffung, Abschreibung, Zahl der Aufnahmen, zurechnungsfähige Personal- und Raumkosten usw.) und festgestellt, dass Röntgen bei üblicher Röntgenfrequenz betriebswirtschaftlich selten stimmig hinzukriegen ist und deshalb mindestens der Faktor 2,5 berechnet werden muss. Dafür muss eine Begründung her. Also kurz, knapp: digitales Röntgen – ist doch klar, oder? Besser etwas ausführlicher. Gut: „Besonderer aufwendungs- und kostenintensiver Umstand wegen Anwendung digitaler Röntgentechnik.“
Das ist immer noch suboptimal. Und nun? Dann kommt ein Schreiben der nicht erstattungswilligen Stelle und darin steht vielleicht: „Eine ausführungsbezogene methodenspezifische Begründung für die GOÄ-Nummern 5000, 5002 und 5004 ist nicht zulässig. In analoger Anwendung sehen wir die Berechnung der Nr. GOÄ 5298, Zuschlag für digitales Röntgen, als erstattungs-/beihilfefähig an.“
Erstattungsweise ändert nicht die GOÄ
Die kostenerstattende Stelle hat also ohne Rechtsbasis einfach bestimmt, dass statt Faktoranhebung und entgegen dem klaren Wortlaut der Ä5298 „Zuschlag zu den Leistungen nach den Nummern 5010 bis 5290“ dieser Zuschlag dennoch für die nicht genannten zahnmedizinischen Ziffern Ä5000, Ä5002, Ä5004 zum 1,8-fachen Satz berechnet und erstattet werden soll („Zuschlag digitale Radiographie“ = 25 Prozent vom Einfachsatz ist nicht steigerungsfähig). Ein Blick auf die Auswirkung zeigt die Absenkung gegenüber der Berechnung von 2,5-fach (siehe Tabelle 1).
Und dann kommt Ärger auf: Um den Zahnarzt um maximal 10,49 Euro zu beschneiden, wird das Gebührenrecht verbogen, bis es quietscht. Etwa so könnte man seinen Patienten schriftlich unterstützen: „Beihilfe oder Erstattung wird gemeinhin dann gewährt, wenn die in Rechnung gestellten Leistungen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) oder der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) entsprechen, das heißt verordnungskonform berechnet wurden. Dazu sagt die Beihilfe-/Erstattungsstelle in Ihrem Fall knapp und bündig, dass sie sich darüber hinwegsetzen will und dies zum Zweck, Ihnen weniger Erstattung zu zahlen. Sie will nur Beihilfe/Erstattung leisten für Röntgenaufnahmen, wenn sie entgegen den Vorgaben der Gebührenordnung berechnet werden. Das müssen Sie natürlich nicht hinnehmen, und die Verfahrensweise entspricht auch nicht dem geltenden Recht. Legen Sie bitte Widerspruch ein und lassen Sie sich nicht abspeisen mit der Floskel, so würde es eben gemäß Richtlinie/Tarif gemacht: So wird es nicht gemacht und so ist es nicht rechtens und ohne Rechtsgrundlage.“
Und noch mal zurück zur suboptimalen Begründung: Die sollte zutreffendenfalls um einen leistungs- sowie patientenbezogenen Teil ergänzt werden wie „… besonderer Umstand, da Durchführung mit digitaler Röntgentechnik bei permanent stark angespanntem, schmerzhaftem Mundboden“ (sehr flachem Gaumen, knotigen Exostosen/Torusbildung, sehr schmerzhaften Zähnen, aphthöser Schleimhaut, behindernder Schwellung, überlangen Wurzeln, stark lingual/palatinal gekippten Zähnen, extremem Würgereiz, motorischer Unruhe, nicht unterdrückbaren Schluckreflexen, überbordendem Speichelfluss, Panikattacken mit Hyperventilation, kontraproduktive Röntgenphobie usw.).
Zahnröntgen
Wie lautet der Leistungstext der Ziffer Ä5000? Er lautet „Strahlendiagnostik Skelett: Zähne je Projektion“. Natürlich nicht je aufgenommenem Zahn, sondern je notwendiger einzelner Röntgenaufnahme. Projektion meint „Strahlenrichtung“. Je Projektion bedeutet konkret, dass auch derselbe Zahn aus zwei unterschiedlichen Richtungen aufgenommen werden könnte. Bei Überlagerung der Rö-Kontrolle der Wurzelkanalfüllungen werden gegebenenfalls eine orthoradiale und eine exzentrische Aufnahme erforderlich. Diese beiden Aufnahmen können dann auch mit 2-mal Ä5000 berechnet werden. Mit Ä5000 werden Einzelzahnbilder berechnet (Format 2 cm × 3 cm oder 3 cm × 4 cm).
Werden aber gezielt Schädelteile geröntgt (nicht vorrangig Zähne), so etwa Kieferwinkel, Jochbogen, Leerkiefer, Alveolarfortsatz et cetera, dann handelt es sich um Schädelteilaufnahmen mit größerem Format nach Ä5095 (plus gegebenenfalls Zuschlag für digitales Röntgen Ä5298).
Natürlich sind die Kiefer auch als Schädelteile anzusehen, jedoch gibt es für Panoramaaufnahmen (Übersichtsaufnahmen) der gesamten Kiefer zwei spezielle, zudem besser bewertete Gebührenziffern:
• Ä5002 Panoramaaufnahme(n) eines Kiefers (gegebenenfalls also für Ober- und Unterkiefer 2-mal)
• Ä5004 Panoramaschichtaufnahme beider Kiefer (OPG – Orthopantomogramm)
In Gebührenordnungen hat der zutreffende Spezialfall immer Vorrang gegenüber dem Allgemeinfall – hier Ä5004 mit 41,97 Euro vor Ä5095 plus Ä5298 mit 23,89 Euro (siehe Tabelle 2).
Wiederholung, Aufzeichnungen, Aufbewahrung
Das analoge, mehr und mehr das digitale „OPG“ als Schichtaufnahme beider Kiefer (Ä5004) sind mittlerweile der Standard. Einfache Panoramaaufnahmen (Ä5002) sind schon wegen der Strahlenbelastung fast obsolet geworden. Jedoch muss eine OPG-Aufnahme des gesamten Kiefers, so wie jede Röntgenaufnahme, zu ihrer Berechnungsfähigkeit zahnmedizinisch indiziert sein und die Behandlungsaufzeichnungen müssen
die Indikationsbegründung ausweisen (etwa multiple dentale Krankheitsbilder in Form von „… mit Verdacht auf …“ usw.). Eine Wiederholung von OPG-Aufnahmen in derselben Sitzung oder in kurzem zeitlichem Abstand muss ebenfalls indiziert sein und Wiederholung ohne Veränderung der klinischen Kiefersituation (so vor/nach umfangreichem Eingriff) kann kaum als notwendig bezeichnet werden.
Die Aufzeichnungen zu jeder Röntgenaufnahme müssen nachlesbar die Feststellungen enthalten, die durch die Auswertung der Aufnahme ermöglicht werden, und gegebenenfalls auch eine „Röntgendiagnose“. Die kann lauten: „röntgendurchlässiger Bezirk an Wurzelspitze 11, erbsengroß, scharf abgegrenzt – Verdacht: dentogene apikale Ostitis/Zyste“. Nicht ausreichend wäre die Aufzeichnung „1-mal Rö 11: apikal“. Dem da häufig gehörten Satz „Das sieht man doch!“ widersprach ein Gutachter kurz und bündig: Auf der Aufnahme sehe ich nicht mehr!
(wird fortgesetzt)
© Dr. Peter H. G. Esser