Sind Fallgestaltungen denkbar, bei denen vorhandene Prothesen erweitert, dann partiell unterfüttert und abschliessend rebasiert werden? – Vor oder nach chirurgischem Eingriff mit Extraktionen und Resektionen sind solche Konstellationen zahnmedizinisch möglich und ggf. sinnvoll.
Unterfütterungen, ggf. auch partielle, benötigen in der Regel eine - wenigstens temporär - feste Struktur als Abformungsbasis, funktionell durchaus als partiellen Löffel, je nach Form und Lokalisation ggf. als Verbandplatte o. Ä. zu sehen (Ä7200 zzgl. Mat.-Lab.Kosten).
Im ersten Teil dieser Zusammenstellung (DZW 44.KW) wurde kurz angesprochen, das es häufiger vorkommt, dass Veränderungen am Zahnersatz eines Patienten, die vor Jahren noch problemlos toleriert wurden, nun die Fähigkeit zur Eingewöhnung überschreiten.
Dann ist die Indikationsstellung für eine vollständige Prothesenerneuerung kritischer zu sehen, sollte möglicherweise bzw. zunächst ganz vermieden werden und durch Unterfütterung, bevorzugt durch völlige Rebasierung ersetzt werden. Prothesenrebasierung erfordert meistens deutlich weniger Eingewöhnung des Prothesenträgers als Prothesenerneuerung.
Was ist „Rebasierung“?
Rebasierung ist weitgehend Form bzw. Gestalt wahrender Austausch von Prothesenbasisteilen. Es gibt bei Teilprothesen seit Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte - GOZ`12 - diesbezüglich zwei grundsätzlich unterschiedliche Teilprothesenteile. Das sind einmal die Prothesenbasen aus Kunststoff oder ähnlichem Material, plastisch-aushärtend oder gefräst o. Ä. neu erstellt. Es gibt auch metallische Teilprothesenbasen. Die werden nach Nr. 5210 GOZ berechnet, z.B. als „Modellgussgerüste“; nichtmetallische Prothesenbasen werden nach Nr. 5200 GOZ berechnet. Bei Voll- oder totalen Coverdenture-Prothesen gibt es keine selbständigen Einzelsättel/-spannen.
Die gibt es - seit der GOZ-Novelle 2012 offiziell anerkannt – als Teilprothesenspannen/ -freiendsättel (5070 GOZ), die meistens an Prothesenbasen befestigt sind, was aber nicht unbedingte Berechnungsvoraussetzung ist.
Prothesensättel sind in der Regel aus Kunststoff. Es macht Sinn, ggf. nur diese zu ersetzen, wenn die vorhandene Prothesenbasis aus Metall voll funktionsfähig ist. Dann ist „Rebasierung“ in Form des völligen Spannenaustauschs (Schalt- und/oder Freiendsättel) eine oft indizierte Leistung – berechnet u. A. nach Nr. 5070 GOZ (einmal bis max. 8x Mal je Kiefer) - ohne neue Basis nach 5210 GOZ. Hinzu kommen ggf. „Remontageabformungen“ nach 5170 GOZ (Übertragungsabformung des Metallgerüstes) und ggf. bei Ausstattung des Prothesensattels mit einer neuen Patrize die Nr. 5090 GOZ (Funktionswiederherstellung eines Verbindungselements „von Prothese zur Krone“). – Beispiel:
„Gerüstaustausch“ - Online-Abrechnungslexikon ALEX (www.alex-za.de) unter Nr. 5210 GOZ, 8.1.)
Der Austausch einer Kunststoffbasis einer Teilprothese wird erneut nach 5200 GOZ berechnet und erfolgt ggf. auch nach Austausch von Prothesenspannen, berechnet nach 5070 GOZ.
Rebasierung analog?
Die Bundeszahnärztekammer kommentiert die „Rebasierung“ bei den Nrn. 5280, 5290 (Vollunterfütterungen mit Funktionsrand) und sagt:
„Die Rebasierung ist in der GOZ nicht beschrieben und wird daher analog berechnet."
Diese Kommentierung der BZÄK bestätigt zumindest, dass Rebasierung und vollständige Unterfütterung mit funktioneller Randgestaltung unterschiedliche Sachverhalte sind. Rebasierung geht über vollständige Unterfütterung mit Funktionsrand hinaus und ist nicht im Gebührenverzeichnis der GOZ aufgeführt.
Das stimmt, wenn man dort nach dem Wortlaut sucht. Sichtet man das Gebührenverzeichnis sinngemäß nach (neuer) „Versorgung eines Kiefers durch eine Teilprothese bzw. Vollprothese“, wird man bei den zutreffenden Nrn. 5200-5230 GOZ für eine Rebasierung fündig. - Bei den Teilprothesen-Nrn. 5200 und 5210 GOZ sind - jetzt dem Sinn nach „Kunststoffbasis“ oder „Metallbasis“ -, letztere inhaltlich nicht mehr eine ganze „Modellgussprothese“ umfassend, sondern ein „Modellgussbasisteil/-gerüst“, handelt es sich zwangsläufig um neue Prothesenbasen.
Rebasierung im Sinne von Totalaustausch der gesamten Teil- oder Vollprothesenbasis geht eindeutig über eine bloße Unterfütterungsleistung hinaus: Tatsächliche Rebasierung ist gleich Eingliederung einer neuen Prothesenbasis nach 5200-5230 GOZ: Für diese ist Analogberechnung nicht zutreffend, da sie im Gebührenverzeichnis der GOZ`12 enthalten ist.
Der Vollständigkeit halber muss dargelegt werden, dass bei Rebasierung von Vollprothesen, auch von totalen Deckprothesen („Coverdenture“) die Rebasierung zwar vollständigen Basisaustausch darstellt, zur diesbezüglichen 5220, 5230 logischerweise jedoch keine 5070 GOZ „Schaltsattel/Prothesenspanne“ etc. hinzutreten kann - das wäre ausdehnungsüberlappende Doppelberechnung von Sattel und Basis.
Eine „Coverdenture“ ähnliche Konstruktion mit Prothesenspannen bliebe eine Teilprothese und würde diese abrechnungstechnisch mit den GOZ-Nrn. 5200 bzw. 5210 plus 1- bis 8x 5070 GOZ darstellen.
Schrittweiser Austausch bei Voll- oder Deckprothesen
Wiederum weitergehenden Sachverhalt stellt ein sukzessiver, schrittweiser Totalaustausch aller Prothesenteile bei Voll- oder Deckprothesen dar. Es handelt sich in derartigen Fällen nicht um ausschließlich Rebasierung, sondern neben der identischen Dublierung der Prothesenbasis auch um Austausch der „Ersatzzähne“, letztere insoweit verändert, dass z.B. der „Biss“ in kleinen Schritten geändert und/oder erhöht wurde (wie 7050, 7060 GOZ).
Diese Art der Neuversorgung kann in „heiklen“ Fällen mit stark reduzierter intraoraler Anatomie und/oder sehr stark eingeschränktem Adaptationsvermögen angewendet werden. Sie erfordert einige Zwischenschritte, z.B. Unterfütterungen, Neurelationierung der Prothese(n) zum Aufbissbehelf nach 7020, additive, ggf. plus subtraktive Maßnahmen je Sitzung nach 7050/ 7060 GOZ usw.) und erfordert Geduld und auch adäquate Vergütung.
Indikation für Unterfütterung oder Rebasierung?
Rebasierung ist die umfangreichere Maßnahme. Unterfütterung dient im Wesentlichen dem Ausgleich von Inkongruenzen („Hohlräumen“) zwischen Basis- oder Sattelunterseiten von Prothesen und der Oberfläche des Alveolarfortsatzes im Leerkieferbereich. Jedoch geht der Rebasierung - u. U. sogar wiederholte - Unterfütterung (5270-5300 GOZ) voraus im Bemühen um Einhaltung der individuellen Toleranzschwelle des Patienten. Ggf. kann bei Vorliegen von gewichtigen Inkongruenzen vollständige (intraorale Direkt-)Unterfütterung (5280, 5290 GOZ), mit direkter funktioneller Randgestaltung in derselben Sitzung wie die Rebasierung oder auch reduplikativ durchgeführt werden, ggf. auch erst in einer Folgesitzung mit voran gegangener Funktionsabformung (5180, 5190 GOZ).
Gibt es Prothesenerweiterung neben Rebasierung?
Die Rede ist von Nr. 5260 GOZ: „Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktion oder zur Erweiterung einer abnehmbaren Prothese (mit Abformung) …“.
Dazu sagt die Berechnungsbestimmung: „Im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nrn. 5270 bis 5310 dürfen Leistungen nach den Nrn. 5250 und 5260 nur berechnet werden, wenn es sich um zeitlich getrennte Verrichtungen handelt.“
Bei beiden zahnärztlichen Leistungen „Prothesenerweiterung“ und „Rebasierung“ gibt es in der Regel mindestens zwei Sitzungen, nämlich eine Sitzung mit Abformung der Situation und eine mit der Eingliederungsleistung. Für eine anatomische Abformung kommt eine Berechnung gemäß GOZ nicht in Frage. Für Remontageabformung (5170 GOZ) und/oder Funktionsabformung (5180, 5190 GOZ) erfolgt gesonderte Berechnung. Die anatomische Abformung für die Erweiterung eines Prothesensattels (5260) oder für eine Erweiterung um einen (neuen) Prothesensattel (5260 plus 5070) erfolgt sinnvollerweise vorher, getrennt von einer eventuellen Rebasierung. Somit ist Nebeneinanderberechnung von 5260 (Erweiterung) und 5200, 5210 GOZ (Rebasierung) nicht möglich, Nacheinanderberechnung aber denkbar.
ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER