Kommt Nr. 5 der GOÄ doch häufiger in Betracht?

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DZW-Artikel von Dr. Esser aus KW 42

Kommt Nr. 5 der GOÄ doch häufiger in Betracht?

Die Ä5 „symptombezogene Untersuchung“ nimmt vom Aufwand und von der Vergütung her eine mindere Position ein als die Ä6 oder 0010 GOZ: Kommen betriebswirtschaftlich für die „vollständige Untersuchung“ nach Ä6 oder die „eingehende Untersuchung“ nach 0010 GOZ durchschnittlich 3 Minuten in Betracht, sind es bei der „symptombezogenen Untersuchung“ nach Ä5 durchschnittlich nur 2 Minuten.

Der Zeitrahmen reicht vielleicht bei der Ä5 auch noch zu einer förmlichen Begrüßung und Verabschiedung des untersuchten Patienten? Das wird aber ziemlich schwierig, denn es muss neben der Untersuchung mit der einen Hand „mit links“ auch noch dokumentiert werden?

Leistungsinhalt der „symptombezogenen Untersuchung“ ist eine örtlich und vergütungstechnisch auch zeitlich begrenzte Untersuchung zur Abklärung einer Erkrankung, die vom Patienten durch Angabe von ggf. krankhaften Erscheinungen (Krankheitszeichen/Symptomen) beschrieben wird. Die lokale, rein symptombezogene Untersuchung erfordert meist weniger Aufwand als eine eingehende oder vollständige Untersuchung. Grund dafür ist u. a. ein kleineres Untersuchungsareal. Eine symptombezogene Untersuchung bei Verdacht oder Vorliegen von Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen ist keine vollständige Untersuchung im Sinne einer Gesundheits-/Vorsorgeuntersuchung: Sie ist eine von möglichen Krankheitssymptome angestoßene klinische Sichtuntersuchung.

Zur Durchführung der symptombezogenen Untersuchung gehört i. d. R. die Anwendung von Basisuntersuchungsmethoden (Sicht-, Tast-, Schall- und ggf. Geruchsprüfung) zur eventuellen Bestätigung des Vorhandenseins einer oder mehrerer krankhafter Befunde bzw. eines existenten Erkrankungsfalles.
Fazit: Symptombezogene Untersuchung ist anlassbezogene lokale Untersuchungsleistung.

In einem länger dauernden Erkrankungsfall treten aber ggf. einige Male neue Symptome auf. Mal gehören sie zur Ausprägung oder Änderung der Grunderkrankung, manchmal gehören sie zu einem neuen Krankheitsbild – manchmal handelt es sich auch um Befindlichkeit im Heilungsverlauf etc.

Wie oft?

Zur Berechnung der Ä5 neben sitzungsgleichen GOZ-Leistungen gibt es keine ausdrücklichen Hinweise, ob die Ä5 ebenfalls, wie lediglich in der GOÄ beschrieben, nur einmal je Behandlungsfall bzw. in der Monatsfrist berechnungsfähig ist. Eher ist das Gegenteil zu belegen. Die Ä5 ist berechnungsfähig:

  • je symptombezogene Untersuchung auf Zahn-, Mund- oder Kiefererkrankung(en)
  • als alleinige Leistung so oft wie erforderlich
  • neben zugänglichen Leistungen aus Abschnitt B der GOÄ so oft wie nötig
  • neben GOZ-Leistungen so oft wie nötig
  • je Behandlungsfall einmal neben GOÄ-Gebühren aus Abschnitten C bis O der GOÄ
  • wiederholt am selben Tag bei neuem oder „besonders beschaffenem“ Krankheitsfall (je Ä5 zugehörige Uhrzeit auf der Rechnung)

Allgemeine Bestimmung GOZ

„Eine Beratungsgebühr nach Nummer 3 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen ist nur berechnungsfähig als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung nach Nummer 0010 oder einer Untersuchung nach den Nummern 5 oder 6 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen.“

Berechnungsbestimmung GOZ

„Im Zusammenhang mit Leistungen nach den Nrn. 1000 und 1010 sind Leistungen nach den Nrn. 0010, 4000 und 8000 sowie Beratungen und Untersuchungen nach der Gebührenordnung für Ärzte (z.B. Ä5) nur dann berechnungsfähig, wenn diese Leistungen anderen Zwecken dienen und dies in der Rechnung begründet wird.“

Berechnungsbestimmung GOÄ

„Die Leistung nach den Nrn. 1 und/oder 5 sind neben Leistungen nach den Abschnitten C bis O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig. Bei mehrmaliger Berechnung ist die jeweilige Uhrzeit der Leistungserbringung in der Rechnung anzugeben.“

Bedeutung der Bestimmungen

Die GOÄ-Berechnungsbestimmung sagt, die Ä5 ist je notwendige (erneute) symptombezogene Untersuchung (wieder) berechnungsfähig, aber nur einmal im Behandlungsfall neben anderen Leistungen der Abschnitte C bis O der GOÄ.

Für Ärzte/ Zahnärzte ist der Behandlungsfall (Monats-/30-Tage-Frist) eine rein schematisch-zeitbezogene Unterteilung des Krankheitsfalles: Bei einem neuen Krankheitsfall bzw. bei neuer Erkrankung innerhalb der ersten Monatsfrist beginnt somit gebührentechnisch ein neuer Behandlungsfall mit seiner eigenen Monatsfrist, teilweise parallel zur bereits etablierten Frist der ersten symptombezogenen Untersuchung nach Ä5 plus Beratung Ä1.

Neben der Ä5 sind prinzipiell mehrfach Leistungen aus dem Abschnitt B der GOÄ gleichzeitig berechnungsfähig, zum Beispiel Ä30, Ä31 (homöopathische Untersuchungen), Ä48 (Pflegeheimbesuch), Ä56 (Verweilgebühr) oder Ä75 (Befundbericht). Dazu macht § 6 (2) GOZ genaue Angaben, so dass von dem Abschnitt B die Teile B I, B II, bei B III nur die Nummern 30, 31, 34 und B IV bis B VI für Zahnärzte bzw. Fachzahnärzte offen stehen.

Neben der Ä5 sind hingegen Leistungen aus der GOZ uneingeschränkt berechnungsfähig, bis auf die Untersuchungsleistung nach 0010 und die Nrn. 1000 (Mundhygienestatus), 1010 (Kontrolle Mundhygiene/Übungserfolg), bei denen auf der Rechnung begründet werden muss, dass die Untersuchung nach Ä5 anderen, nicht mundhygienischen Zwecken diente.

Die in der GOZ enthaltene Einschränkung bei „A. Allgemeine Bestimmungen“ Nr. 1. (Ä1 im Behandlungsfall nur 1 × neben GOZ-Leistungen) betrifft nur die Ä1 (Beratung), nicht also die Ä5 wie die ähnliche Bestimmung in der GOÄ. Die  Ausschlussbestimmung zur Nr. 6190 (Gespräch zu Dysfunktionen o. Ä.) betrifft nur die 0010 GOZ, nicht die Ä5 oder Ä6. Dieser zunächst rein formale Nichtausschluss von Nr. 6190 neben Ä5, Ä6 ist zahnmedizinisch-fachlich logisch, denn Untersuchungen und spezielle Dysfunktionsberatung haben keine wie auch immer geartete Leistungsüberschneidung im Sinne des § 4 (2) GOZ/GOÄ, sondern bedingen einander.

Wiederholung Ä5

Eine Wiederholung der nötigen alleinigen Ä5 im selben Behandlungsfall ist jederzeit möglich. Eine Wiederholung der nötigen Ä5 am selben Tag ist bei Vorliegen von besonderen Gründen, zum Beispiel „Schmerzausbreitung“ (derselbe Krankheitsfall) oder „plötzliche Zahnfraktur“ (neuer Krankheitsfall) nicht ausgeschlossen. Die Zeitdauer für eine symptombezogene Untersuchung nach Ä5 ist in der GOÄ nicht vorgeschrieben.

Rechnungslegungsvorschrift bei taggleicher Wiederholung der Ä5: Uhrzeiten auf der Rechnung aufführen (erkennbar zugeordnet zur betreffenden Ä5) und im Falle, dass der Zahlungspflichtige es verlangt, ist der medizinische Grund (Indikation) für die Untersuchungswiederholung mündlich anzugeben (unverlangt nicht).

Ausschlüsse

Folgende Leistungen sind nicht neben der Ä5 berechnungsfähig: Ä2 (Wiederholungsrezept/Überweisung u. Ä.), Ä6 (vollständige stomatognathe Untersuchung), Ä45, Ä46 (Visiten) und Ä50, Ä51 (Besuche).

Die Ä5 als symptombezogene Untersuchung ist neben Leistungen nach den Nummern Ä6 oder 0010 GOZ (vollständige/eingehende Untersuchungen) separat berechnungsfähig, wenn die verschiedenen Untersuchungen in notwendig getrennten Sitzungen (mit Uhrzeitangabe ggf. auch am selben Tag) erfolgen, also wenn in notwendig getrennten Sitzungen Teiluntersuchungen mehrfach und/oder ggf. spätere Volluntersuchungen separat erbracht werden müssen.

Das AG Jever (15.04.1999, Az. 5 C 347/98) hat sich zu der Ziffer Ä5 so geäußert: „Hinsichtlich der Untersuchung gemäß Gebührennummer 5 GOÄ hat das Sachverständigengutachten zur Überzeugung des Gerichtes ergeben, dass es sich hierbei um eine lokal begrenzte Untersuchung handelt. Es war daher im fraglichen Zeitraum ein sechsmaliges Abrechnen möglich.“
Ein Urteil des VG Stuttgart (11.03.2013, Az. 13 K 4557/11) stützt diese gebührenrechtliche Bewertung: Eine über den einmaligen Ansatz neben anderen Leistungen hinausgehende Berechnung der Geb.-Nr. 5 GOÄ in weiteren Sitzungen ist im Behandlungsfall dann möglich, wenn sitzungsgleich nur Leistungen der GOZ berechnet werden. Bei der mit der Geb.-Nr. 5 GOÄ berechneten Leistung darf es sich allerdings nicht um den Leistungsbestandteil oder -inhalt einer in derselben Sitzung berechneten Leistung der GOZ handeln.

 

© Dr. Peter H. G. Esser