Spotlight 01/22

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Die Geb.-Nr. 4080 GOZ neben den Geb.-Nrn. 4070/4075 GOZ – möglich oder unmöglich?

In der jüngeren Vergangenheit beanstanden Versicherungen des Öfteren die Nebeneinanderberechnung der Geb.-Nrn. 4080 GOZ Gingivektomie, Gingiviplastik, je Parodontium und 4070/4075 GOZ Parodontalchirurgische Therapie, (insbesondere Entfernung subgingivaler Konkremente, und Wurzelglättung) an einem einwurzeligen Zahn oder Implantat/einem mehrwurzeligen Zahn, geschlossenes Vorgehen.

Grundsätzlich handelt es sich bei allen Leistungen des Gebührenverzeichnisses um selbstständige, nebeneinander berechnungsfähige Leistungen, sofern es sich bei der einen berechneten Leistung nicht um den Bestandteil oder eine besondere Ausführung der anderen berechneten Leistung handelt (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GOZ) und/oder der Nebeneinanderberechnung nicht zumindest eine nachgelagerte Abrechnungsbestimmung entgegensteht.

Eine Leistung wiederum ist nur dann methodisch notwendiger Bestandteil einer anderen Leistung, wenn erstens die eine Leistung von der Leistungsbeschreibung der anderen Leistung umfasst und zweitens in deren gebührenmäßiger Bewertung berücksichtigt worden ist. Beide Bedingungen müssen erfüllt werden, um eine Nebeneinanderberechnung wirksam auszuschließen (§ 4 Abs. 2 Satz 4 GOZ).

Bereits die Überprüfung der ersten Bedingung unter Zugrundelegung eines fachlichen Kontexts belegt, dass es sich um unterschiedliche Leistungen mit unterschiedlichem Behandlungsziel handelt, die sowohl isoliert als auch nebeneinander berechnungsfähig sind :

Gingivektomie und Gingivoplastik beschreiben resektive Maßnahmen. Man versteht darunter die „schneidende“ Abtragung gingivalen Gewebes mit dem Ziel der Reduzierung/Beseitigung von Zahnfleischtaschen und der Modellierung von Zahnfleischoberflächen.

Die Leistung nach der Geb.-Nr. 4080 GOZ kann indiziert sein insbesondere bei Gingivahyperplasien und -trophien, Pseudotaschen oder idiopathischen Fibrosen. Das Behandlungsziel besteht in der Regel in der Beseitigung entzündlich veränderten gingivalen Gewebes, der Wiederherstellung physiologischer Außenkonturen der Gingiva und der Verbesserung der Hygienefähigkeit, um ein Rezidiv oder ein Fortschreiten der parodontalen Erkrankung zu verhindern. In Abhängigkeit von klinischer Situation und Indikation existieren unterschiedliche Schnittführungen. Auch eine weichteilchirurgische Verlängerung der klinischen Krone, z.B. bei der Versorgung des Zahnes mit einer zahntechnischen Krone, fällt unter diese Gebührennummer (Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur GOZ, Stand Januar 2021).

Im Unterschied zur Geb.-Nr. 4080 handelt es sich bei der Leistung nach den Geb.-Nrn. 4070/4075 GOZ um eine passiv regenerative Maßnahme, die gemeinhin als geschlossene Kürettage bezeichnet wird.

Diese beinhaltet die Reinigung der Wurzeloberfläche, die Abtragung endotoxinhaltiger Zementschichten, die Wurzelglättung und ggf. eine Weichteilkürettage. „Ziel all dieser Maßnahmen ist die Beseitigung der die Entzündung verursachenden Mikroorganismen, die Herstellung eines sauberen Zahnes und einer sauberen, möglichst glatten bioakzeptablen Wurzeloberfläche und die Entfernung erkrankten, eventuell infizierten Gewebes.“ (Parodontologie Band 1, Rateitschak et al., 1984). Die Beseitigung dieser „Reizfaktoren“ bewirkt eine Schrumpfung und Regeneration des parodontalen Gewebes.

Die vorstehende Leistungsauslegung belegt, dass es sich um selbstständige, nebeneinander berechnungsfähige Leistungen mit sich unterscheidendem Leistungsgeschehen handelt.

Sofern der Sachbearbeiter eines privaten Krankenversicherungsunternehmen die medizinische Notwendigkeit und Indikation der nebeneinander berechneten Leistungen nach den Geb.-Nrn. 4080 und 4070/4075 GOZ in Abrede stellt, gerät die unerlaubte Ausübung der Zahnheilkunde durch den Versicherungsmitarbeiter zumindest in Sichtweite.

Die Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, dazu zählt auch die Entscheidung über die zahnmedizinische Notwendigkeit einer Leistung, bleibt gemäß § 1 Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) ausschließlich approbierten Zahnärzten vorbehalten.