DZW-Artikel – Begründung: Widerspruch! Erläuterung: Widerspruch! Nichterstattung: Widerspruch!

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Inhalt

Der gefühlt hundertste Kostenerstatter sagt wieder einmal: „Die Begründung stellt keine außergewöhnliche patientenbezogene Besonderheit dar.“  

Das tut sie selber übrigens nie: Allenfalls erklärt die Begründung kurz und knapp die Ursache für aufgetretene besondere Schwierigkeiten, behindernde Umstände, ggf. für besonderen Zeitaufwand, die u. A. vom Patienten verursacht sind (seine Anatomie, Verhaltensweisen, Ansprüche usw.). 

Da ist also zu antworten, dass die verdruckste Behauptung des Erstatters vielleicht von zu wenig Sachkenntnis getragen wird: Es wurde in der Rechnung zur Wiedereingliederung einer „Einstückgusskrone mit inlayartigem internem Gussaufbau“ (1x 2310 zzgl. 1x 2197 GOZ) begründend hingewiesen auf damit verbundene „maximale Schwierigkeit mit weit überdurchschnittlich hohem Zeitaufwand wegen nötiger adhäsiver Wiedereingliederung einer ehemals zementierten Vollgusskrone (Einstückausführung mit inlay-/ onlayartigem internem Stumpfaufbau“.

(Die Nr. 2310 GOZ hat den Inhalt „Wiedereingliederung - ohne Wiederherstellung - einer Einlagefüllung, Teilkrone oder Krone …“ und ist wegen ihrer überschneidenden Inhalte (§ 4 Abs. 2 GOZ) hier im Beispiel nur einmal ansetzbar, ebenso Nr. 2197 GOZ (adhäsive Befestigung).

Doch das stellt sehr wohl eine außergewöhnliche Besonderheit dar, denn eine „Vollgusskrone (Einstückausführung mit inlay-/ onlayartigem internem Stumpfaufbau - ohne Wurzelkanalstift)“ gibt es in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) nicht. Es gibt nur die zweiteilige Version „gegossener Stiftaufbau“ plus Krone darauf. - Natürlich ist eine Zahnversorgung, die in dem Gebührenverzeichnis der GOZ so nicht enthalten ist, eine beachtenswerte Besonderheit. Das versteht jeder Laie, jeder Nichtfachmann, auch ein Richter?

Natürlich ist die Tatsache einer vorhandenen Absprengung am Kavitätenrand des Zahn-/ bzw. Kronenstumpfs - in Belastungsrichtung des betreffenden Zahnes  (Protrusion) - auch eine sehr starke Erschwernis bei einem wirksamen und haltbaren Wiederbefestigungsversuch.

Jedermann zugänglich ist auch die Tatsache, dass der angegebene Grund für die Erschwernis und den erhöhten Zeitaufwand logischerweise nicht „personenbezogen“, sondern zahnbezogen ist:
Die Person (Patient) machte keine Schwierigkeiten.

Natürlich gehört der schwierig zu behandelnde Zahn zu einer konkreten Person und somit ist der Inhalt der Begründung finalkausal doch eine personenbezogene Besonderheit. Banal ausgedrückt: Der Zahn eines bestimmten Menschen verursachte die Schwierigkeit und den Zeitaufwand, nicht ein Zahn eines anderen.

Trotz dieser - zugegeben - etwas zu spitzen Klarstellungen erfolgt nach Darlegung der Einzelbegründungen bei vorliegendem Verlangen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ eine nur dem Patient bzw. dem Zahlungspflichtigen geschuldete „Erläuterung der abgegebenen Begründung“.  

„Erläuterung“ zur Fälligstellung des Betrages oberhalb des Durchschnittssatzes

Es wird dazu verordnungskonform gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) mangels genauer Bezeichnung und mangels eines substantiierten Einwandes „auf Verdacht“ die Begründungen erläutert und damit die über den Durchschnittssatz hinausgehende Vergütung fällig gestellt, auch wenn eine Erläuterung formell gar nicht verlangt wurde.
Technisch wird dazu erst einmal der Begründungstext vollständig wiederholt unter Weglassen aller Abkürzungen:
Die Begründung zur Ziffer 2310 GOZ „Wiedereingliederung einer Krone“ lautete wie in der Behandlungsdokumentation festgehalten: „Maximale Schwierigkeit und vergleichsweise sehr hoher Zeitaufwand wegen Wiedereingliederung einer Einstück-Gusskrone mit internem gegossenem Inlayaufbau auf einem partiell frakturierten Zahn“.

Erläuterungstechnik der Begründungsbestandteile (Beispiel):
Maximale Schwierigkeit: Schwierigkeit, die die Spanne der leichten bis zu mittleren, durchschnittlich schwierigen Fallgestaltungen nicht nur ein wenig sondern sehr weit überschreitet und eindeutig als maximal schwierig bemessen wurde im Vergleich mit den geringsten und den mittleren üblichen Schwierigkeiten bei einer derartigen Leistung. Maximale Schwierigkeit ist die im Rahmen der Gebührenspanne gerade noch leistbare bzw. vergütete. Noch höhere Schwierigkeit hätte eine Gebührenvereinbarung oberhalb 3,5-fach nach § 2 Abs. 1, 2 GOZ erfordert.
Vergleichsgrundlage des Bemessen ausnahmsweise einmal der Einfachsatz?

Zum Beispiel eine Fallausprägung mit frei stehendem Zahn ohne Kontaktpunkte, rein supragingival präpariert, dicht und vollständig wurzelgefüllt, ohne Passungsprobleme, unempfindlicher Patient, Krone andernorts nur temporär befestigt gewesen etc., dürfte der einfachst gelagerten Fallgestaltung entsprechen, die aber niemals – bereits bei Inkrafttreten der GOZ nicht -  zum Einfachsatz betriebswirtschaftlich erbringbar  war. Der Einfachsatz vergütet heutzutage weniger als zwei Minuten Zeitaufwand, was undurchführbar kurz und keinesfalls erbringbar ist. Selbst die unzureichende Honorierung der gesetzlichen Krankenversicherung vergütet mittlerweile einen Betrag, der dem dreifachen Faktor der GOZ Nr.2310 entspricht.)

Sehr hoher Zeitaufwand: Zeitaufwand, der die Spanne der sehr wenig zeitaufwendigen bis mittleren, also durchschnittlich zeitaufwendigen Fallgestaltungen nicht nur gerade ein wenig, sondern sehr weit überschreitet und als fast maximal zeitaufwendig bemessen wurde im Vergleich mit dem geringsten und dem mittleren üblichen Zeitaufwand bei einer derartigen Leistung. Maximaler Zeitaufwand ist der im Rahmen der Gebührenspanne gerade noch leistbare bzw. vergütete; noch höherer Zeitaufwand hätte eine Gebührenvereinbarung oberhalb 3,5-fach nach § 2 Abs. 1,2 GOZ zwingend zur Folge.

Krone in Einstückausführung: Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) wurde im Jahr 1987 aufgestellt. Seither ist die Gebührenordnung - nunmehr über 32 Jahre – inhaltlich nur ganz punktuell, finanziell fast gar nicht angepasst worden: Sie ist also fachlich und finanziell zu Teilen überaltert.
In dieser Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) ist tatsächlich keine Einstück-Gusskrone mit internem gegossenem Inlay-/Teilkronenaufbau“ für einen partiell durch Randaussprengung geschwächten Zahn-/Kronenstumpf“ aufgeführt, obwohl diese Sonderform seit langer Zeit bekannt ist.

Eine sog. „Stiftzahnversorgung“ dagegen bestünde aus einem einheitlichen massiven Gussstück, ist also ebenfalls nicht zweigeteilt wie der übliche gegossene Zahn-Stiftaufbau (2190 GOZ) mit einer darauf aufgesetzten Krone (z.B. nach 2210 GOZ) und ist mechanisch wesentlich widerstandsfähiger als eine zweigeteilte Konstruktion, z.B. gegen den bekannten „Nagelzieheffekt“.

Ein Stiftzahn ist sehr biegefest, frakturstabil und widerstandsfähig und wird nur in Extremfällen notwendig, wenn z.B. das Wurzelkanallumen überdimensioniert weit ist und die Wände der Wurzel nur noch recht dünn sind, d.h. der statische Halt der Versorgung zu ganz wesentlichen Anteilen auf der Statik des gesamten, einheitlichen Gussstückes (hier Einstück-Gusskrone mit internem Gussaufbau) beruht.

Partiell frakturierter Zahn: Die Versorgung einer noch erhaltungsfähigen Zahnwurzel mit einer „Einstück-Gusskrone und internem Gussaufbau“ bedeutet bei der Erstversorgung wesentlich höhere Schwierigkeit und höheren Zeitaufwand als bei einer zweigeteilten Versorgung mit gegossenem Aufbau und Krone darauf. Noch schwieriger und zeitaufwendiger wird es bei der Wiedereingliederung einer „Einstück-Gusskrone mit internem Gussaufbau“  

Da muss die vorgegebene Einschubrichtung des inneren Gussaufbaus aufgrund nötigem Erhalt retentiver Innenpassung exakt parallel zur Achse der zirkumferenten Kronenrandpassung ausgerichtet bleiben. Wenn die zirkumferente Fassung eines wenigstens 2 mm breiten Streifens Zahnhals (Ferrule) nicht mehr überall möglich ist wegen Fraktur von Wurzelrandsubstanz vestibulär in Richtung protrusiven Knirschens, verdoppelt sich die Schwierigkeit und der damit einhergehende Zeitaufwand, weil dort der Halt stark herabgesetzt ist.

Hier musste dann versucht werden, das Retentionspotential bis zum Maximum auszuschöpfen mit chirurgischer Kronenstumpf-Verlängerung (4136 GOZ), mit Mikrounterschnitten und/oder Sandstrahlen der Oberfläche, Silanisierung, adhäsiver Einsetztechnik, „aus der Artikulation schleifen“ (dynamische Okklusion reduzieren) etc. Das alles ist im vorliegenden Behandlungsfall erfolgt und war in der Summe maximal schwierig und gleichzeitig über 50% zeitaufwändiger als in durchschnittlicher Fallgestaltung.

ARTIKEL VON: DR. PETER ESSER