Ausweitung von Analogleistungen

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Inhalt

Irrweg oder Ausweg?

Wie ist mit Blick auf die aktuelle Lage in Zukunft mit Analogleistungen zu verfahren? Das war der Fokus des ersten Themas auf der GOZmasters-Veranstaltung der ZA AG in Düsseldorf am 10.3.2018. Vorgetragen wurde die verbreitete Ansicht der BZÄK und der Länderkammern durch Herrn Dr. Wolfgang Menke, Vorsitzender des GOZ-Ausschusses der Bundeszahnärztekammer, Präsident der ZÄK Bremen. Weitere Positionierungen oder mögliche Kontrapositionen sollte Herr Dr. Christian Öttl, Mitglied im Bundesvorstand des FVDZ, GOZ-Referent der ZÄK Bayern, vortragen.

Die mehr Freiheit gewährende Weiterentwicklung des Analogparagrafen in der GOZ’12: „Selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden.“

Das bedeutet:

  1. Eine Analogleistung muss eine selbstständige Leistung sein, nicht Teil einer anderen berechneten Leistung.
  2. Sie muss weder neu sein noch einen Stichtag für ihr erstmaliges Erscheinen erfüllen.
  3. Sie darf im Gebührenverzeichnis GOZ, aber auch im Zahnärzten zugänglichen Teil der GOÄ nicht aufgeführt sein.
  4. Zur rechtskonformen Berechnung muss die Analogleistung verglichen werden mit einer in GOZ oder GOÄ vorhandenen gleichwertigen Leistung.
  5. Vergleichsparameter zur Feststellung der Gleichwertigkeit – nur durch den approbierten Behandler selber – sind „Art, Kostenaufwand und Zeitaufwand“ der erfolgten Leistung im Vergleich mit der entsprechend herangezogenen Leistung.
  6. Die drei Kriterien der Gleichwertigkeit – Art, Kosten- und Zeitaufwand – sind gleichrangig, obwohl die vergleichbare Art der Leistung an erster Stelle vorrangig genannt ist.
  7. Eine zahnärztliche Leistung ist eigentlich nicht nach Art gleichwertig, sondern ggf. vergleichbar. Die inhaltliche Vergleichbarkeit bei der Auswahl der Vergleichsleistung wird mitunter von Gerichten – besonders im ärztlichen Bereich – als absolut vorrangig angesehen.
  8. Das zeitigt Berechnungskonstruktionen, die dem Laien abenteuerlich erscheinen: Nur weil eine bestimmte Vergleichsleistung der Gebührenordnung nach Art so besonders gut passt, jedoch nach Kosten- und Zeitaufwand weit unter der nötigen Vergütung rangiert, sagen vereinzelte Gerichte, dann müsse halt die Vergleichsleistung Kosten- und Zeitaufwand entsprechend zweimal berechnet werden. Diese Urteile erscheinen verwunderlich, gibt es doch auch für Analogleistungen zusätzlich das Mittel der Erhöhung des Steigerungssatzes mit Absicherung durch eine Gebührenvereinbarung der Höhe nach gem. § 2 (1, 2) GOZ/GOÄ.

Was will die Zahnärzteschaft? Freiheit durch Leistung entsprechender Honorargestaltung, auch in Zukunft? 

Was will der Patient? Teilhabe am Fortschritt der Zahnmedizin oder Sicherheit der Erstattung?

Die herrschende Meinung sagt: „Eine Empfehlung einer konkreten Abrechnungsposition für bestimmte Leistungen oder eine Honorarhöhe auf einer zentralen Liste wäre einengend, weil sie von Kostenerstattern als Referenz benutzt würde. Daher keine Empfehlung durch die Bundeszahnärztekammer oder die Landeszahnärztekammern.“

Unbestritten ist, dass sich Kostenerstatter aus unterschiedlichen Gründen mit analogen Leistungen schwertun. Bei der Vereinbarung von Analogleistungen und deren Erstattung wären die zzt. hohen Reibungsverluste weitgehend vermeidbar, wenn es einen Beispielkatalog mit präzise formulierten, mit einer Analogziffer ausgestatteten Leistungsbeschreibungen gäbe.

Ein derartiger Beispielkatalog wird sich so oder so auf längere Sicht durch die Rechtsprechung etablieren. Die herrschende Meinung sagt jedoch dazu: „Administrativ bringt eine klare Benennung von festen Analogpositionen Vorteile im Alltagsgeschäft der Berechnung und Erstattung, die jedoch langfristige Nachteile nicht aufwiegen. Sicherheit der Berechnung und Erstattung ist bequem, aber bedeutet voraussichtlich Stillstand in der Bewertung.“

In der Gegenrede wurde speziell die zzt. beobachtbare Ausweitung der Analogberechnung als Irrweg bezeichnet. Es resultiert zunehmende Nichterstattung daraus. Das liegt z. T. an formalen Fehlern bei der Analogberechnung, aber indirekt ist dafür auch die an etlichen Stellen schlecht formulierte GOZ’12 die Ursache.

Diskussionsbeiträge

Von Seiten der PKV wurden als Hauptprobleme der Analogberechnung benannt:

  1. Eine Analogberechnung wird nicht erkennbar ausgewiesen (formale Fehler).
  2. Sie ist darüber hinaus oft nicht verständlich im Sinne des § 10 (4) GOZ.
  3. Es kommt vor, dass Analogleistungen nach Kosten- und Zeitaufwand fehlkalkuliert sind.

Die PKV sagt, sie habe mit der Analogberechnung kein grundsätzliches Problem, sondern im Wesentlichen ein Problem mit deren Handhabung. Analogleistungen müssen für Laien verständlich im Sinne des § 10 (4) GOZ formuliert sein. Dazu kann und sollte seitens der GOZ-Kommentierung praktische Hilfestellung erfolgen. Damit wird auch keine Freiheit des Zahnarztes eingeschränkt, sondern ihm und dem Rechnungsempfänger, ggf. sogar dem Erstatter, bei der Erstattung geholfen. Eine derartige Hilfestellung bietet z. B. die DKV bezüglich der „antimikrobiellen photodynamischen Therapie“ (aPDT/ PDT/ PACT/ PT etc.: siehe Online-Abrechnungslexikon ALEX – www.alex-za.de – 4000 GOZ – 7.5).

Sehr wichtig für Eigenformulierungen der Zahnärzte sind vollständige Angaben der fünf grundlegenden Berechnungsfakten. Die Formulierung der tatsächlichen Leistung muss erkennen lassen: Wo erfolgt wie oft konkret welche Leistung, wozu und womit?

Also nicht einfach und unpräzise „Lasersterilisation im Kanal“ (Sterilisation gibt es dort nicht), sondern „Dekontaminierungsbehandlung eines Wurzelkanals mit AB-Hochenergielaser je Sitzung“. Noch besser wäre zur Abgrenzung gegen mögliche oder behauptete Leistungsüberschneidungen in Form von „Laser ist abgegolten mit Zuschlag zu Nr. 2410 GOZ“ die zusätzliche Information: „Dekontaminierungsbehandlung im aufbereiteten Wurzelkanal mittels AB-Hochenergielaser je Sitzung“. Da ist die Leistung nach 2410 GOZ bereits beendet, also der später folgende Dekontaminierungsversuch eine eindeutig davon separierte selbstständige Leistung.

Weiteres Beispiel: Die GOZ kennt die „Entfernung harter und weicher Zahnbeläge, ggf. einschließlich Polieren“ nach den Nummern 4050, 4055 GOZ. Es handelt sich dabei um supragingivale weiche und harte Zahnbeläge, nicht um Wurzelbeläge. Die „Professionelle Zahnreinigung“ nach Nr. 1040 GOZ umfasst u. a. „das Entfernen der supragingivalen/gingivalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen“. Harte Wurzelbeläge – subgingivale Konkremente – und auch granulomatöse Proliferationen werden nach den Nummern 4070, 4075 GOZ entfernt bzw. geschlossen kürettiert und danach erfolgt eine abschließende „Wurzelglättung“, wenn es sich um eine „parodontalchirurgische Therapie“ handelt.

Handelt es sich um eine nicht-chirurgische (nicht-invasive) parodontale Therapie – tiefer reichend als lediglich Beläge unter der gingivalen Manschette, nach der Nr. 1040 entfernbar, also noch ohne chirurgische Zugangsleistung erbringbar – dann erkennt man, dass es diese Leistung in der GOZ nicht gibt. Sie ist sogar gemäß Zahnheilkundegesetz delegationsfähig, nämlich die (Zitat ZHG:) „Entfernung von weichen und harten sowie klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen, je Zahn“ (z. B. als 2130a). Noch etwas präziser als im originalen Gesetzestext wird die Vorgabe „Wo erfolgt wie oft konkret welche Leistung, wozu und womit?“ erfüllt mit der Leistungsbeschreibung: „Parodontalhygienische/-therapeutische Entfernung von weichen und harten sowie klinisch (nicht-invasiv) erreichbaren, gingivalen und subgingivalen Belägen, je Zahn“.

Belege für das Zutreffen von Analogberechnung

Untermauern kann man Analogberechnungen also sogar mit dem Zahnheilkundegesetz (§ 1 Abs. 5 ZHG), ggf. mit einschlägigen Gerichtsurteilen, von denen es bereits einige gibt, auch mit nicht in die GOZ eingegangenen Leistungen aus Novellierungsentwürfen des Bundesgesundheitsministeriums oder beispielsweise auch mit Leistungsdefinitionen in der HOZ (Honorarordnung der Zahnärzte).

© Dr. Peter H. G. Esser

 

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