Anwendung eines Kariesdetektors ist (k)eine selbständige Analogleistung?

Teilen:

Inhalt

Anwendung eines Kariesdetektors  ist (k)eine selbständige Analogleistung?

In einem anwaltlichen Schreiben eines Klägers gegen eine private Krankenversicherung wird zur Berechnung des „Kariesdetektors/-markers“ herausgestellt, welche Vorteile das Verfahren bietet und was dazu die verbreitete Kommentierung ausführt.

Ein Kariesdetektor ist ein Farbstoff, der z.B. eingesetzt wird, um kariöse Zahnsubstanz im Inneren von Kavitäten etc. von gesunder Zahnsubstanz zu unterscheiden, also um die klinische Inspektion zu erleichtern und sicherer zu machen.

Die zahnmedizinischen Vorteile des Einsatzes dieses visuellen Hilfsmittels werden von Sachverständigen nicht bestritten. Allerdings geht es darum bei Feststellungen zur Berechnungsfähigkeit nicht.

Es geht um Grundsätze der Anwendung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ):

In der Gebührenordnung für Zahnärzte ist die klinische (visuelle) Inspektion unmittelbar vor, während und direkt nach einer Behandlungsmaßnahme abgegolten:

 

Sichtkontrolle der Zugangs-, Ausführungs- und/oder Nachbehandlungsteilleistungen.

Ist eine Ä5 (symptombezogeneUntersuchung) neben der Anwendung eines Kariesdetektors zahnmedizinisch plausibel?  - Das kann durchaus der Fall sein: Die symptombezogene Untersuchung ist eine lokale klinische Untersuchung mittels Inspektion und ggf. Palpation. Sie kann neben den Leistungen nach 2330, 2340 GOZ, auch vor 2030 GOZ anfallen.

In der GOZ ist Anwendung spezieller apparativer und/oder instrumenteller Untersuchungsmethoden in der „Kernleistung“ nicht subsumiert, sondern in aller Regel jeweils als eigenständig indizierte Leistung selbständig berechnungsfähig, ggf. auch als selbständige Analogleistung.

Und so ist klinische Sichtkontrolle bzw. Inspektion nicht zusätzlich berechnungsfähig zur region- und inhaltsgleichen Durchführung einer speziellen apparativen und/oder instrumentellen Untersuchung als Analogleistung

 

Ein Kommentator schreibt:

Die Anwendung dieser zusätzlichen diagnostischen Verfahren durch chemische oder physikalische Kariesdetektoren wie z.B. Fluoreszenzverfahren (z.B. Diagnodent, VistaProof, VistaCam, SoproLife, faseroptische Transillumination (Diagnocam) oder elektrische Widerstandsmessung stellen eine jeweils selbständige zahnärztliche Maßnahme dar, die - da nicht in GOZ 2012 enthalten -, analog nach § 6 Abs. 1 GOZ zu berechnen ist.“

Dazu ist festzustellen:

Mit Ausnahme der Anwendung „chemischer Kariesdetektoren“ handelt es sich bei den übrigen genannten Methoden um besondere apparative Diagnostik mit speziellem Instrumentarium unter Anwendung physikalischer Verfahren (Optik, Laser, Strom, auch Ultraschall). 

Insoweit sind die Aussagen dieses Kommentars zur Analogberechnung dieser Leistungen zutreffend.

Gerichtszitat dazu: „Der Sachverständige hat somit dargelegt und begründet, warum er „die Verwendung des Kariesrelevators im Gegensatz zu den Ausführungen in einem anerkannten Fachkommentar für nicht berechnungsfähig hält.“

Der Sachverständige bestätigte weitestgehend die Sicht des oben zitierten Kommentars, mit einer genau begründeten Ausnahme.

„Chemische Kariesdetektoren“ und „Kariesrelevatoren“ sind markierungsfähige, u. A. Karies affine und haftende Farbstoffanwendungen zur klinischen Inspektion, die entweder mit erhöhtem Steigerungssatz bei tatsächlich anfallender Sichtkontrolle der klinischen Kariesexkavation nach den Nrn. 2330 bzw. 2340 GOZ abgegolten sind oder in einem Fall ohne Pulpabehandlung als „besondere Maßnahme beim Präparieren“ nach Nr. 2030 GOZ einmal je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich berechnungsfähig sind. 

 

Siehe Tabelle:

Beispiel mit Kariesdetektor

 

Anführung einschlägiger Urteile

Urteile zur Anwendung eines Kariesdetektors

 - OLG Düsseldorf (14.04.2005, Az. I-8 U 33/04) - notwendiges Anfärben der Zahnsubstanz
   ist Nr. 203 GOZ`88 (besondere Maßnahmen)
 - LG Frankfurt (22.07.2004, Az. 2/23 O 299/01) - Anwenden eines Kariesdetektor ist     Anfärben der Restkaries nach 203 GOZ`88,
 - AG Dortmund (31.08.2015, Az. 405 C 3277/14) - Kariesdetektor-Anwendung ist  eine Analogleistung
 - AG Düsseldorf (31.03.2003, Az. 230 C 35/02) - Anwendung Kariesdetektor ist Nr. 203 GOZ`88 bzw. 2030 GOZ`12, ist nicht Teil gleichzeitiger 2230 (Cp)
 - AG Berlin-Charlottenburg (05.08.2004, Az. 204 C 672/02) - Anfärben mit Kariesdetektor ist entsprechend Ä4538a berechnungsfähig.

 - AG Berlin-Schöneberg (11.06.2001, Az. 109 C 161/00) - Anfärben mit Kariesdetektor ist entsprechend Ä4538a berechnungsfähig.

 

Fazit: Kariesdetektor oder Kariesmarker sind entweder

  1. abgegolten mit Exkavation bei Karies-profunda Behandlung nach 2330, 2340 GOZ,
  2. inkludiert in besondere Maßnahmen nach 2030 bei Präparation oder mittels Analogberechnung
  3. oder immer abgegolten, da selbständig nicht vorkommend (Teil der Sichtkontrolle)?

Das Fazit beschreibt vertretbare Auslegungen der Gebührenordnung GOZ`12.

Die einzelnen Kommentierungen schließen sich allerdings gegenseitig aus.

 

© Dr. Peter H. G. Esser